4 months ago

Ein Weg in die Zukunft

Die Atomenergie erlebt weltweit eine Renaissance, und Europa steht dabei an vorderster Front. Auf dem ersten internationalen Gipfeltreffen für Atomenergie in Brüssel haben sich rund 30 Staaten für den schnelleren Ausbau von Kernenergie ausgesprochen. Das Wahrzeichen der europäischen Hauptstadt, das Atomium, wurde dabei zum Symbol dieser nuklearen Wiedergeburt.

Symbolische Bedeutung des Atomiums

Das Atomium, einst als veraltetes Symbol betrachtet, erstrahlt nun wieder in neuem Glanz. Belgiens Regierungschef Alexander de Croo erklärte es spontan zum Symbol der nuklearen Renaissance: „Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen, vor denen wir stehen“, sagte de Croo vor versammelten Spitzenpolitikern, darunter Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. „Wir können ihn in eine Chance für Fortschritt verwandeln, Arbeitsplätze schaffen, die Qualität und Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaften erhöhen und eine echte Zukunft für Innovation und unsere Industrie bieten. Die Kernenergie hat all das.“

Der Weltgipfel zur Atomenergie: Ein historischer Moment

Es war der erste Weltgipfel zur Atomenergie seit US-Präsident Dwight D. Eisenhower vor 70 Jahren mit seiner „Atoms For Peace“-Rede die Ära der friedlichen Nutzung der Kernspaltung eingeläutet hatte. Rafael Mariano Grossi, Chef der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA), betonte die historische Bedeutung des Treffens: „Die Brüsseler Deklaration verspricht eine gegenseitige Unterstützung beim Ausbau der Atomkraft.“ Ziel sei es, die Nutzung der Kernenergie bis 2050 zu verdreifachen.

Europas Ambitionen: Neue Reaktoren und technologischer Fortschritt

EU-Präsidentin Ursula von der Leyen forderte die EU-Mitgliedstaaten auf, Laufzeitverlängerungen für bestehende Atomkraftwerke zu prüfen und die Entwicklung von Small Modular Reactors (SMR) zu beschleunigen. „Wir sind in einem Wettlauf“, mahnte von der Leyen. Länder wie Schweden und die Slowakei planen bereits den Bau neuer Reaktoren. Schwedens Regierungschef Ulf Kristersson rechnet mit einer Verdopplung des Strombedarfs und will bis 2045 zehn neue Reaktoren ans Netz bringen. In der Slowakei soll bereits 2025 ein neuer Reaktor in Betrieb genommen werden.

Herausforderungen und Kritiker: Die andere Seite der Medaille

Kritik an der Renaissance der Atomkraft gibt es jedoch auch. Greenpeace-Aktivisten und das European Environmental Bureau (EEB) sehen in der Atomenergie keine Notwendigkeit zur Erreichung der Klimaziele. Sie fordern stattdessen eine Reduktion des Stromverbrauchs und setzen auf erneuerbare Energien. Ein Report des EEB argumentiert, dass Europa seinen Endenergie-Bedarf bis 2040 mehr als halbieren müsse, um ohne Kernkraft auszukommen.

Geopolitische und wirtschaftliche Aspekte

Neben den Forderungen von Klimaschützern sind geopolitische Versorgungsängste ein zentrales Motiv für die Rückkehr zur Atomkraft. Das Ende russischer Erdgaslieferungen und mögliche Exportmoratorien für Flüssig-Erdgas durch die USA verstärken die Sorgen um die Energieversorgungssicherheit in Europa. Uran könnte hingegen leichter aus anderen Ländern bezogen werden.

Frankreichs Führungsrolle: Ein Paradigmenwechsel

Frankreich, traditionell eine Nuklear-Nation, vollzieht einen bemerkenswerten Wandel. Nachdem das Land 2015 beschlossen hatte, den Atomstrom-Anteil zu reduzieren, kehrte es diesen Beschluss um und plant nun den Bau neuer Reaktoren des Typs EPR2. Energieministerin Agnes Pannier-Runacher kündigte im Januar den Bau von weiteren 16 Gigawatt AKW-Leistung an.

Small Modular Reactors (SMR): Die Zukunft der Atomenergie

Die neuen Kleinst-Reaktoren, Small Modular Reactors (SMR), bieten durch ihre höhere Sicherheit und geringere Kapitalkosten eine vielversprechende Alternative. Estland, Tschechien und Polen planen bereits den Bau von SMR. Die französische EdF hat das Unternehmen Nuward SMR gegründet, um diese Technologie voranzutreiben.

Ein neuer Kurs für Europa

Die europäische Rückkehr zur Atomkraft markiert eine bedeutende Kehrtwende in der Energiepolitik. Trotz der Herausforderungen und der Kritik zeigt sich, dass viele europäische Staaten die Atomkraft als unverzichtbar für ihre zukünftige Energieversorgung betrachten. Die Bereitschaft zur technologischen Innovation und die geopolitischen Notwendigkeiten treiben diese Entwicklung voran. Der Brüsseler Gipfel hat deutlich gemacht, dass Europa gewillt ist, eine führende Rolle in der globalen Renaissance der Kernenergie zu spielen.

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