FAA ordnet Inspektionen an
Der US-amerikanische Flugzeugbauer Boeing sieht sich erneut mit gravierenden Sicherheitsbedenken konfrontiert. Nach einem schwerwiegenden Vorfall mit einem seiner 787 Dreamliner-Flugzeuge hat die US-Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration (FAA) angeordnet, dass insgesamt 900 dieser Maschinen weltweit einer dringenden Inspektion unterzogen werden müssen.
Ursache: Unkontrollierte Bewegung des Pilotensitzes
Im März 2024 ereignete sich ein Vorfall, der nun zu diesen umfassenden Maßnahmen geführt hat. Ein Flugzeug der Latam Airlines, ein Boeing 787, ging während eines Fluges in einen abrupten Sturzflug über, bei dem über 50 Passagiere verletzt wurden. Die FAA stellte fest, dass die Ursache für diesen Vorfall eine unkontrollierte Bewegung des Kapitänssitzes war. Diese Bewegung führte zur Deaktivierung des Autopiloten, was in der Folge zu dem plötzlichen Abfall der Flughöhe führte.
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Laut FAA handelt es sich hierbei nicht um einen Einzelfall. In den letzten Monaten wurden fünf weitere Berichte über ähnliche Probleme bei den Sitzen der 787-Piloten eingereicht, von denen zwei noch genauer untersucht werden. Der letzte dieser Vorfälle ereignete sich im Juni 2024.
Umfang der Inspektionen und Maßnahmen
Die nun von der FAA angeordnete Inspektion betrifft konkret 158 in den USA registrierte Boeing 787-Flugzeuge sowie 737 Maschinen weltweit. Fluggesellschaften, die diese Modelle – 787-7, 787-9 und 787-10 – in ihrer Flotte haben, sind verpflichtet, innerhalb der nächsten 30 Tage eine genaue Überprüfung der Pilotensitze durchzuführen. Hierbei sollen insbesondere fehlende oder gebrochene Kippschalter sowie beschädigte Schalterabdeckungen identifiziert und gegebenenfalls ausgetauscht werden.
Die FAA warnt ausdrücklich, dass eine unentdeckte Fehlfunktion dieser Komponenten zu schweren Zwischenfällen führen könnte, die nicht nur die Sicherheit der Passagiere, sondern auch die der Besatzung erheblich gefährden.
Wiederholte Sicherheitsprobleme bei Boeing
Dieser Vorfall reiht sich in eine Serie von Sicherheitsproblemen ein, mit denen Boeing in den letzten Jahren konfrontiert war. Die Boeing 787, auch bekannt als “Dreamliner”, wurde bereits in der Vergangenheit von technischen Schwierigkeiten und Sicherheitsbedenken begleitet. Besonders problematisch war die lange Verzögerung bei der Auslieferung des Modells sowie wiederholte Berichte über technische Mängel.
Die erneute Anordnung von Inspektionen durch die FAA stellt somit einen weiteren Rückschlag für das angeschlagene Unternehmen dar. Boeing versucht seit einiger Zeit, das Vertrauen von Fluggesellschaften und Passagieren zurückzugewinnen, nachdem das Unternehmen bereits durch die Abstürze der 737 Max-Flugzeuge in den Jahren 2018 und 2019 massiv an Glaubwürdigkeit eingebüßt hatte. Die FAA hatte nach diesen Abstürzen eine umfassende Überprüfung des gesamten Zertifizierungsprozesses für neue Flugzeugmodelle eingeführt.
Folgen für Boeing und die Luftfahrtindustrie
Für Boeing bedeutet die aktuelle Inspektionsanordnung nicht nur zusätzlichen finanziellen Druck, sondern auch weitere Imageprobleme. Angesichts der ohnehin angespannten Situation auf dem Luftfahrtmarkt, der durch die Nachwirkungen der COVID-19-Pandemie und die steigenden Betriebskosten geprägt ist, könnte dies die ohnehin schwierige Position des Unternehmens weiter verschärfen.
Fluggesellschaften, die auf den Dreamliner setzen, müssen sich nun kurzfristig auf Einschränkungen im Betrieb einstellen. Möglicherweise werden einige Flüge gestrichen oder verschoben, um die Inspektionen fristgerecht durchführen zu können. Dies könnte auch Auswirkungen auf den internationalen Flugverkehr und die Reisepläne vieler Passagiere haben.
Stimmen aus der Branche
Die Reaktionen aus der Luftfahrtbranche auf die erneuten Probleme bei Boeing fallen gemischt aus. Ein Sprecher einer betroffenen Fluggesellschaft erklärte: „Die Sicherheit unserer Passagiere hat oberste Priorität, und wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass unsere Flugzeuge sicher und zuverlässig sind.“ Er fügte hinzu: „Es ist jedoch bedauerlich, dass es erneut zu solchen Problemen kommt, insbesondere bei einem Modell, das als zukunftsweisend für die Luftfahrt galt.“
Ein Luftfahrtexperte kommentierte: „Boeing steht vor einer enormen Herausforderung. Die wiederholten Sicherheitsbedenken und die daraus resultierenden Inspektionen werfen ernsthafte Fragen hinsichtlich der Qualitätskontrolle und der Zuverlässigkeit des Unternehmens auf.“
Die erneuten Sicherheitsbedenken bei Boeing und die daraus resultierenden Inspektionen durch die FAA stellen einen weiteren schweren Rückschlag für den US-Flugzeugbauer dar. Die umfassenden Maßnahmen betreffen hunderte Flugzeuge weltweit und werfen ein Schlaglicht auf die anhaltenden Herausforderungen, mit denen das Unternehmen konfrontiert ist. In einer Zeit, in der die Luftfahrtindustrie mit zahlreichen anderen Problemen kämpft, sind derartige Entwicklungen besonders besorgniserregend und könnten langfristige Folgen für Boeing und die Branche haben.