In Deutschland sind rund eine Million Menschen von Alzheimer betroffen. Nun könnte ein Antikörper, der das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt, bald verfügbar sein. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat grünes Licht für die Zulassung von Lecanemab gegeben, einem Medikament, das die zugrundeliegenden Prozesse der Alzheimer-Krankheit beeinflusst. Diese Empfehlung stellt einen wichtigen Schritt dar, denn bisherige Therapien konnten lediglich die Symptome der Krankheit behandeln.
Einschränkungen und spezifische Bedingungen
Lecanemab soll nur für Alzheimer-Patienten zugelassen werden, die eine oder keine Kopie des Gens ApoE4 tragen. Das Apolipoprotein E ist ein Protein, dessen bestimmte Form, ApoE4, das Risiko für Alzheimer erhöht. Patienten mit zwei Kopien von ApoE4 haben eine höhere Wahrscheinlichkeit für Nebenwirkungen wie Gehirnschwellungen und Blutungen, weshalb das Mittel bei dieser Gruppe nicht empfohlen wird.
Hintergrund der Zulassung
Der Antikörper Lecanemab, der seit 2023 in den USA unter dem Namen Leqembi vertrieben wird, wird von den Pharmafirmen Eisai aus Japan und Biogen aus den USA produziert. Im Juli lehnte die EMA die Zulassung aufgrund der hohen Risiken schwerer Nebenwirkungen zunächst ab. Eine zweite Prüfung führte jedoch zur aktuellen Empfehlung. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) betonte, dass die erneute Analyse in einer begrenzten Patientengruppe durchgeführt wurde und hier der Nutzen des Medikaments den Risiken überwiegt. Wichtig sei dabei, dass regelmäßige MRT-Scans zur Risikominimierung durchgeführt werden, insbesondere bei Symptomen wie Kopfschmerzen, Sehstörungen und Schwindel.
Wirkungsweise und Erwartungen
Lecanemab zielt darauf ab, das Proteinfragment beta-Amyloid (Aß) aus dem Gehirn zu entfernen, das mit dem Fortschreiten der Krankheit in Verbindung gebracht wird. „Amyloid ß steht vermutlich am Beginn einer Kaskade der neuronalen pathologischen Veränderungen im Gehirn“, erklärte Jörg Schulz von der Uniklinik Aachen, Sprecher der Kommission „Demenz und Kognitive Störungen“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.
Frank Jessen vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Köln geht davon aus, dass Lecanemab relativ schnell in Deutschland verfügbar sein wird. Er betont jedoch, dass es Zeit brauchen wird, bis die Therapie in den Fachzentren strukturiert eingeführt werden kann. „Weil der Druck von Patienten hoch ist. Viele sagen auch: Ich zahle das sofort selbst aus eigener Tasche“, sagte Jessen und unterstrich damit die Dringlichkeit und das Interesse an dieser neuen Behandlungsmöglichkeit.
Die Empfehlung der EMA für Lecanemab ist ein Hoffnungsschimmer für viele Alzheimer-Patienten und ihre Angehörigen. Obwohl die Therapie das Fortschreiten der Krankheit lediglich verlangsamt und nicht heilt, stellt sie einen Fortschritt dar, der die Behandlungsmöglichkeiten entscheidend erweitern könnte. Ob und wann die Europäische Kommission die Zulassung offiziell erteilt, bleibt abzuwarten.