US-Vizepräsident Vance rechnet mit Europa ab

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J.D. Vance fordert Europa zur Selbstkritik auf

Mit Spannung war die Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz erwartet worden. Doch anstelle einer klassischen sicherheitspolitischen Ansprache lieferte er eine beispiellose Abrechnung mit Europa, die bei den Anwesenden teils Entsetzen, teils Kopfschütteln auslöste. Sein Hauptvorwurf: Ein schwindendes Demokratieverständnis auf dem Kontinent.

Kaum sicherheitspolitische Inhalte – Fokus auf innere Probleme

Wer eine Rede über geopolitische Bedrohungen oder den Ukraine-Krieg erwartet hatte, wurde schnell enttäuscht. „Die größte Gefahr für Europa ist nicht Russland oder China oder irgendein externer Akteur,“ erklärte Vance, „sondern das, was im Inneren passiert.“

Er führte mehrere Beispiele an, um seinen Standpunkt zu untermauern: Die annullierte Wahl in Rumänien, polizeiliche Maßnahmen gegen Hasskommentare in Deutschland sowie angebliche Einschränkungen der Meinungs- und Religionsfreiheit in Schottland und Schweden. Laut Vance seien dies klare Zeichen dafür, dass Europa von seinen demokratischen Idealen abrücke.

Die Zuhörer im Saal reagierten zunächst still, doch je länger Vance sprach, desto lauter wurde das Murmeln im Publikum. Seine Aussagen trafen auf sichtliches Unverständnis.

Kritik an der Sicherheitskonferenz und den Gastgebern

Auch die Organisatoren der Münchner Sicherheitskonferenz wurden von Vance nicht verschont. Er kritisierte, dass „keine Vertreter populistischer Parteien“ eingeladen worden seien – eine Anspielung auf AfD und BSW. Diese Ausgrenzung sei laut Vance ein Zeichen dafür, dass Europa den Willen seiner eigenen Bürger ignoriere. „Wenn ihr Angst vor euren eigenen Wählern habt, dann gibt es nichts, was Amerika für euch tun kann.“

An einer Stelle gab es kurz Applaus – als Vance die Europäer aufforderte, mehr für ihre eigene Verteidigung zu tun. Doch auch hier verwies er darauf, dass das eigentliche Problem nicht externe Bedrohungen, sondern „Zensur und die Unterdrückung unbequemer Meinungen“ seien.

Migrationspolitik als zentrales Thema

Gegen Ende der Rede rückte Vance ein weiteres, brisantes Thema in den Fokus: Einwanderung. „Nichts ist so dringend“, betonte er und verwies auf den Anschlag in München. „Wie oft müssen wir das noch erleben, bevor wir etwas ändern?“ Er forderte eine schärfere Kontrolle der Migration, was erstmals auch einige zustimmende Gesten im Publikum auslöste.

Doch die versuchte Auflockerung durch Humor schlug fehl. „Wenn die amerikanische Demokratie zehn Jahre Greta Thunbergs Schimpftiraden überlebt, dann haltet ihr auch ein paar Monate Elon Musk aus,“ sagte er mit einem Lächeln – doch die Reaktion blieb verhalten.

Kühle Atmosphäre – höflicher Abschiedsapplaus

Die Rede hinterließ einen Saal voller Irritation. Einige Gäste blieben nachdenklich sitzen, während Vance durch eine Hintertür verschwand. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte zuvor bereits scharfe Kritik am aktuellen US-Kurs geübt und gewarnt, dass die Vereinigten Staaten „etablierte Regeln der internationalen Ordnung nicht mehr achten.“Wenn Joe Biden 2021 noch verkündete, „Die transatlantische Partnerschaft ist zurück,“ so hätte Vances Rede wohl eher die Überschrift verdient: „Europa sollte sich erst einmal selbst um seine Demokratie kümmern.“

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