„Gösser Bierklinik“ steht vor dem Aus
Eine Ära geht zu Ende: Die „Gösser Bierklinik“, das älteste Gasthaus Wiens, hat nach 459 Jahren endgültig seine Türen geschlossen. Damit verliert die österreichische Hauptstadt ein weiteres Stück ihrer gastronomischen Geschichte. Seit 1566 war das Traditionslokal in der Steindlgasse 4 beheimatet und galt als Institution für Liebhaber der Wiener Küche und traditionsbewusste Besucher.
Eine Geschichte, die Jahrhunderte überdauerte
Die „Gösser Bierklinik“ hat in ihrer langen Geschichte nahezu alles überstanden: Die Türkenbelagerungen, die Habsburger-Monarchie, zwei Weltkriege und unzählige gesellschaftliche Umbrüche. Laut historischen Aufzeichnungen wurde das Gebäude erstmals 1406 urkundlich erwähnt. Eine Inschrift am Eingang erinnerte zudem daran, dass hier schon römische Legionäre um 70 n. Chr. lagerten. Später trug das Gasthaus auch den Namen „Zum Steindl“, benannt nach Johann Georg Steindl, der es nach der zweiten Wiener Türkenbelagerung 1683 als Belohnung für seine Tapferkeit erhielt.
Klassische Wiener Küche und historische Atmosphäre
Für viele Wiener und Touristen war die „Gösser Bierklinik“ mehr als nur ein Gasthaus. Sie verkörperte die traditionelle Wiener Gastfreundschaft und bot eine Speisekarte, die kaum Wünsche offen ließ. Zu den Klassikern zählten Gulasch, Blunzengröstl, Kalbsbeuschel und die berühmte Rindsuppe mit Frittaten oder Leberknödeln. „Hier schmeckte Wien, wie es sein sollte“, hieß es in einer Hommage des Portals heute.at.
Auf der Webseite des Lokals, die bis zuletzt online war, hieß es stolz: „Der besondere Wert dieses Altwiener Gasthauses begründet sich auf die Tatsache, dass seine 400-jährige Geschichte im Charme des Hauses gespürt werden kann.“ Selbst die Bombenangriffe während des Zweiten Weltkriegs konnten dem historischen Gebäude nichts anhaben.
Die genauen Gründe für die Schließung bleiben unklar
Warum die „Gösser Bierklinik“ nun endgültig schließen musste, ist nicht eindeutig geklärt. Der langjährige Pächter Hieronymus Kos, der das Lokal seit 1988 führte, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Laut Berichten wurde das Lokal zuletzt vor 25 Jahren renoviert und steht unter Denkmalschutz. Die Telefonnummer des Gasthauses wird mittlerweile von einem Getränkemarkt genutzt, wie das Lokalblatt „Mein Bezirk“ berichtet.
Ob es Hoffnung auf einen neuen Betreiber gibt, bleibt offen. Sicher ist nur: Mit der „Gösser Bierklinik“ verschwindet nicht nur ein Gasthaus, sondern ein Stück Wiener Identität. Zuvor hatte bereits der „Esterházykeller“ nach fast 350 Jahren Insolvenz angemeldet und geschlossen.Für viele Wiener bleibt ein wehmütiger Abschied. „Wer einmal die Rindsuppe gekostet hatte, wusste: Hier schmeckte Wien, wie es sein sollte“, heißt es in zahlreichen Erinnerungen. Wie es mit dem historischen Gebäude weitergeht, ist ungewiss. Die Ära der „Gösser Bierklinik“ jedenfalls ist vorbei.