Drei Vakanzen bleiben vorerst unbesetzt
Die geplante Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht ist im Bundestag überraschend abgesetzt worden. Ursprünglich sollten drei Posten in Karlsruhe neu besetzt werden, doch die Abstimmung wurde kurzfristig gestrichen. Hintergrund ist der Streit um die von der SPD vorgeschlagene Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf. Nun verzögert sich das Verfahren – mindestens bis nach der Sommerpause 2025.
Gericht bleibt vorerst arbeitsfähig
Die abgesetzte Wahl betrifft die Nachfolge von Josef Christ, Doris König und Ulrich Maidowski. Sowohl Christ als auch König sind offiziell altersbedingt aus dem Amt ausgeschieden, Christs Amtszeit endete bereits im Oktober 2024, Königs im Juni 2025. Sie bleiben jedoch laut Gesetz solange im Dienst, bis Nachfolger berufen sind. Auch Maidowski, der aus gesundheitlichen Gründen zum September 2025 ausscheiden möchte, wartet noch auf eine Nachfolge.
Trotz dieser offenen Positionen ist das Bundesverfassungsgericht weiterhin handlungsfähig. Das Gesetz erlaubt kommissarische Weiterarbeit, doch die Unsicherheit belastet die Institution zunehmend.
Neue Fristen und mögliche Konsequenzen
Im Fall Christ hat das Gericht bereits im Mai 2025 eine Vorschlagsliste beschlossen. Unter den empfohlenen Personen war auch Günter Spinner, Präsident des Bundesarbeitsgerichts, den die Union unterstützte. Seit einer Gesetzesänderung 2024 gilt: Erfolgt binnen drei Monaten nach einer gerichtlichen Vorschlagsliste keine Wahl, kann der Bundesrat die Aufgabe übernehmen. Diese Frist läuft Ende August 2025 ab – mitten in der Sommerpause.
Zwar ist der Bundesrat nicht verpflichtet zu handeln, doch sollte der Bundestag weiterhin blockieren, könnte er einspringen. Dies würde die institutionelle Balance der Gewaltenteilung empfindlich verschieben.
Streit um SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf
Im Zentrum der Verzögerung steht der Widerstand der Union gegen Frauke Brosius-Gersdorf. Der Österreicher Stefan Weber, bekannt als sogenannter „Plagiatsjäger“, hatte 23 Verdachtsstellen auf Textidentität zwischen ihrer Dissertation und der Habilitationsschrift ihres Mannes Hubertus Gersdorf moniert.
Tatsächlich erschien Brosius-Gersdorfs Arbeit bereits 1997, die Habilitation ihres Mannes aber erst 2000. Auch Weber selbst stellte auf Plattform X klar, dass es sich nicht um einen Plagiatsvorwurf handele, wie es Teile der CDU suggerierten. Auch Jochen Zenthöfer, ein Experte für wissenschaftliche Integrität, bestätigte: „In der Plagiatsforschung gilt die ältere Arbeit als maßgeblich.“
Politischer Druck nimmt zu
Die Unionsfraktion verweigerte auf dieser Basis die Zustimmung. Der Eklat fiel in eine Phase gespannter politischer Atmosphäre. Für die SPD ist der Vorgang eine Belastungsprobe, da auch die anderen beiden Kandidaten – Spinner und Ann-Katrin Kaufhold – im Ausschuss bereits Zustimmung gefunden hatten.
Ob eine Einigung nach der Sommerpause gelingt oder der Bundesrat aktiv wird, bleibt offen. Klar ist: Die Verzögerung betrifft die Besetzung eines der höchsten deutschen Verfassungsorgane – und lässt politische Gräben offen zutage treten.