Höchste Zahl seit Beginn der Aufzeichnungen
In Großbritannien ist die Zahl der Asylanträge auf ein historisches Niveau gestiegen. Nach Angaben des Innenministeriums wurden in den zwölf Monaten bis Juni 111.084 Anträge gestellt – so viele wie nie zuvor seit Beginn der Erfassung im Jahr 2001. Die Situation setzt die Regierung von Premierminister Keir Starmer erheblich unter Druck, da insbesondere die Unterbringung der Schutzsuchenden ein wachsendes Problem darstellt.
Innenministerin verweist auf strengere Maßnahmen
Die britische Innenministerin Yvette Cooper betonte, man habe bereits Maßnahmen ergriffen, um das System zu entlasten. „Wir haben die Einreisekontrollen verschärft, die Kosten gesenkt und mehr Menschen abgeschoben“, erklärte sie. Dennoch warten aktuell rund 91.000 Personen auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag – ein Rückstau, der sich über Jahre aufgebaut hat.
Hotels als Notunterkunft
Besonders brisant ist die Frage der Unterbringung. Ein Gesetz von 1999 verpflichtet den Staat, mittellosen Antragstellern Unterkunft und Grundversorgung bereitzustellen, solange ihr Verfahren läuft. Da es an geeigneten Kapazitäten fehlt, sind derzeit rund 32.000 Asylsuchende in Hotels untergebracht. In früheren Jahren war diese Zahl noch deutlich höher, doch auch jetzt sorgt die Praxis für enorme Kosten und politischen Streit.
Soziale Spannungen und Proteste
Die Unterbringung in Hotels führte in mehreren Regionen zu einwandererfeindlichen Ausschreitungen. Besonders in Epping, im Nordosten Londons, eskalierte die Lage: Nach Protesten und Unruhen entschied ein Gericht, ein Hotel räumen zu lassen, in dem Asylbewerber untergebracht waren. Weitere Kommunen könnten diesem Beispiel folgen, was die Lage landesweit verschärfen würde.
Polizeikräfte mussten mehrfach eingreifen, um Migrationsgegner von Hotelgeländen zu entfernen. Videos von diesen Auseinandersetzungen verbreiteten sich in den sozialen Medien und sorgten für zusätzliche Spannungen.
Überquerungen des Ärmelkanals
Parallel dazu bleibt die illegale Einreise über den Ärmelkanal ein Dauerthema. Im vergangenen Jahr erreichten fast 20.000 Menschen in kleinen Booten britisches Gebiet. Die Regierung kündigte an, enger mit Frankreich zusammenzuarbeiten, um Boote abzufangen und zurückzuführen.
Starmer zwischen Reformdruck und politischem Wettbewerb
Premierminister Keir Starmer sieht sich in der Pflicht, eine langfristige Lösung zu finden. Seine Regierung versprach, die Unterbringung in Hotels bis zu den nächsten Wahlen zu beenden. Stattdessen sollen Migrationsabkommen mit Drittstaaten geschlossen werden, um die Zahl der Asylbewerber zu reduzieren.
Gleichzeitig wächst der Druck durch die rechtspopulistische Reform UK, die in Umfragen an Zustimmung gewinnt. Vor allem im konservativen Lager wird kritisiert, dass palästinensische Fahnen oder andere politische Symbole in Städten geduldet würden, während britische Behörden bei nationalen Symbolen oder bei Migrantenunterkünften härter durchgreifen.