Aiwangers Flugblatt-Affäre: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-Lehrer

Ein pensionierter Studienrat, der aus der Schulzeit des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger stammt, hatte den Versuch unternommen, diesen mit einer diffamierenden Schrift aus der Vergangenheit zu stürzen. Nun sieht er sich selbst mit rechtlichen Konsequenzen konfrontiert.

In der Flugblatt-Affäre rund um Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, der Mitglied der Freien Wähler ist, gerät ein ehemaliger Lehrer von Aiwanger in die Mühlen von Justiz- und Disziplinarbehörden.

Auf Anfrage gab das bayerische Kultusministerium bekannt, dass gegen den Mann derzeit ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Regensburg läuft.

Zusätzlich dazu hat das Kultusministerium die Landesanwaltschaft, die zuständige Disziplinarbehörde, über die gegenwärtigen Geschehnisse in Kenntnis gesetzt.

Ende August wurde durch einen Bericht der “Süddeutschen Zeitung” ein Flugblatt bekannt, in dem der Holocaust auf abscheuliche Weise verharmlost und als Witz dargestellt wurde. Zuerst wurde dies Aiwanger zugeschrieben, der damals noch Schüler an einem Gymnasium war.

Später gestand sein Bruder, den Text verfasst zu haben. Dennoch geriet Aiwanger politisch unter Druck. Ministerpräsident Markus Söder (CSU), entschied Anfang September seinen Vize im Amt zu behalten.

Berichten zufolge soll der ehemalige Lehrer die Affäre ins Rollen gebracht haben. Es wird behauptet, er habe das Flugblatt Ende der 80er Jahre an sich genommen und Jahrzehnte später den Medien angeboten.

Es wird auch behauptet, dass Aiwanger seit Jahren Kenntnis von diesem Flugblatt hatte. Der Lehrer soll einem früheren Schüler gegenüber geäußert haben: “Es wird Zeit, dass wir diese braune Socke jetzt stürzen.” Der Ex-Lehrer verlangte von dem Schüler angeblich, schriftlich zu bezeugen, dass Hubert Aiwanger der Urheber des Flugblatts sei, was dieser offensichtlich ablehnte.

Einige Medien lehnten das Angebot des Informanten ab. Die “Regensburger Zeitung” begründete dies öffentlich damit, dass Aiwanger damals noch minderjährig war und das Flugblatt, abscheulich wie es auch sei, allein nicht als ein eindeutiger Beweis für eine rechtsextreme Gesinnung des Verfassers angesehen wurde.

Der “Spiegel” erhielt ebenfalls das Material, führte jedoch weitere Recherchen durch, während die “Süddeutsche Zeitung” die Inhalte des Flugblatts bereits veröffentlichte und mit Aiwangers umstrittener Rede in Verbindung brachte, in der er forderte, die “Demokratie zurückzuholen”.

In diesen Berichten wurde das Engagement des ehemaligen Lehrers nur am Rande erwähnt, und die Darstellung wurde als einseitig kritisiert. Aiwanger warf den Medien eine Kampagne vor und behauptete, er werde “politisch und persönlich fertiggemacht”.

Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat die Ermittlungen wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen und der Verletzung von Privatgeheimnissen bestätigt.

Es wird geprüft, ob der Beschuldigte sich durch das unbefugte Offenbaren geschützter Geheimnisse strafbar gemacht hat. Die Ermittlungen wurden bereits am 1. September eingeleitet, sowohl aufgrund von Strafanzeigen als auch aufgrund von Presseberichten über das Geschehen. Der pensionierte Studienrat wollte sich nicht zu den Vorwürfen äußern, nachdem er dazu befragt wurde.

Ob parallel dazu ein Disziplinarverfahren läuft, ist derzeit unklar. Normalerweise hat die Aufklärung im Strafverfahren Vorrang in solchen Fällen. Zuständig für Ruhestandsbeamte in Bayern ist die Landesanwaltschaft.

Der Dienstherr ist verpflichtet, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn es ausreichende Anhaltspunkte gibt, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen.

Das Kultusministerium erklärte allgemein, dass ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht grundsätzlich als Dienstpflichtverletzung angesehen wird, die Sanktionen nach sich ziehen kann, wenn die Pflichtverletzung schuldhaft begangen wurde.

Die Konsequenzen eines Verstoßes hängen stark von den Umständen des Einzelfalls ab. Das Ministerium betonte, dass der Dienstherr von Amts wegen ein Disziplinarverfahren einleiten muss, wenn es ausreichende Anhaltspunkte für einen Verdacht auf ein Dienstvergehen gibt.

In Bezug auf Anfragen von Medien hatte das Kultusministerium von Staatsminister Michael Piazolo (Freie Wähler) über Wochen hinweg argumentiert, dass es keine Informationen über etwaige Verfahren im Zusammenhang mit dem Lehrer geben könne, unter Berufung auf Persönlichkeits- und Datenschutzgründe. Lehrkräfte werden nicht als Personen des öffentlichen Lebens angesehen.

Jetzt wird jedoch betont, dass die Informationen zurückgehalten wurden, um etwaige Ermittlungen der zuständigen Stellen nicht zu gefährden.

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