BAföG reicht nicht: Viele Studierende leben in Armut

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2 days ago

Immer mehr Studierende in Deutschland geraten in finanzielle Schwierigkeiten. Die BAföG-Sätze sind zu niedrig, die Mieten steigen und die psychische Belastung nimmt zu. Forderungen nach Reformen werden lauter.

Verfassungsgericht: Kein Anspruch auf höheres BAföG

Am 23. September 2024 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass es keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine staatliche Studienfinanzierung gibt. Eine ehemalige Studentin hatte geklagt, da ihr BAföG-Satz unter dem Existenzminimum lag. Doch die Richter lehnten ihre Forderung ab.

Für Emmi Kraft vom freier zusammenschluss von student*innenschaften (fzs) ist das Urteil enttäuschend: „Das fühlt sich an wie ein Schlag ins Gesicht.“ Sie kritisiert, dass Studierende offenbar kein Recht auf das Existenzminimum hätten und auf Nebenjobs angewiesen seien. Doch Deutschland könne sich den Verlust künftiger Fachkräfte nicht leisten.

BAföG-Sätze liegen unter der Armutsgrenze

Laut Deutschem Studierendenwerk müssen ein Drittel der Studierenden mit weniger als 800 Euro pro Monat auskommen. Ein WG-Zimmer kostet durchschnittlich 489 Euro, in München sogar 790 Euro.

Nur zwölf Prozent aller Studierenden erhalten überhaupt BAföG. Der Durchschnittsbetrag liegt bei 475 Euro plus 380 Euro Wohnkostenpauschale, also 855 Euro. Doch selbst der Höchstsatz von 992 Euro liegt unter der Armutsgrenze. Joachim Rock vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband verweist darauf, dass 2023 etwa 36 Prozent der Studierenden von Armut betroffen waren.

Studierende haben hohe Zusatzkosten: Semesterbeiträge, Bücher, Software und vor allem einen Laptop, der für das Studium unverzichtbar ist. „Ohne Laptop kann man keine Hausarbeit schreiben“, betont Kraft.

Forderungen nach einer BAföG-Reform

Studierendenvertreter fordern dringend Reformen:

  • Deutliche Erhöhung des BAföG
  • Automatische Anpassung an Inflation und Lohnentwicklung
  • Erhöhung der Elternfreibeträge, damit mehr Studierende BAföG-berechtigt sind
  • Vollzuschuss statt Darlehen, um Schulden nach dem Studium zu vermeiden

„Wir brauchen eine Bildungsförderung, die niemanden abschreckt. Gerade Menschen aus ärmeren Familien haben Angst, sich zu verschulden“, erklärt Kraft. Bis zu 10.000 Euro Schulden könnten ein Studium für viele unattraktiv machen.

Hochschulen sind marode

Auch die Zustände an deutschen Hochschulen sind alarmierend. Emmi Kraft berichtet von Schimmel, undichten Fenstern und Wasser, das aus Steckdosen tropft. Der Sanierungsstau beläuft sich laut Wissenschaftsrat auf 60 Milliarden Euro.

Matthias Anbuhl fordert, dass Bund und Länder gemeinsam handeln: „Unsere Gebäude müssen bis 2045 klimaneutral sein. Ohne finanzielle Unterstützung wird das nicht möglich sein.“

Wohnungsmangel belastet Studierende

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist angespannt. Von knapp drei Millionen Studierenden haben nur 240.000 einen Wohnheimplatz. Die Mehrheit muss sich auf dem überteuerten freien Markt eine Unterkunft suchen.

Kraft beschreibt die Situation als „Schlachtfeld“: Viele Wohnangebote seien winzig klein, feucht oder gar gesundheitsgefährdend. Auch deshalb fordern Verbände die Fortsetzung des Programms „Junges Wohnen“, um mehr bezahlbare Studentenwohnheime zu schaffen.

Psychische Belastung nimmt zu

Steigende Kosten und unsichere Wohnsituationen setzen viele Studierende unter Druck. Beratungsstellen sind überlastet, doch es fehlt an finanziellen Mitteln.

„Wir dürfen nicht vergessen, dass die Studierenden von heute die Fachkräfte von morgen sind“, mahnt Kraft. Wenn sich die Bedingungen nicht verbessern, könnten sich immer weniger junge Menschen für ein Studium entscheiden – mit langfristigen Folgen für den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft.

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