Sahra Wagenknecht, die Gründerin der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), hat die Ukraine-Politik zu einem entscheidenden Kriterium für Koalitionen auf Landesebene in Ostdeutschland erklärt. Ihre Partei lehnt Waffenlieferungen an die Ukraine strikt ab und fordert sofortige Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland. Wagenknecht betont, dass sich ihre Partei nur an einer Landesregierung beteiligen werde, die eine klare Position für Diplomatie und gegen Kriegsvorbereitung einnimmt. „Wir werden uns nur an einer Landesregierung beteiligen, die auch bundespolitisch klar Position für Diplomatie und gegen Kriegsvorbereitung bezieht“, erklärte Wagenknecht. Ihrer Ansicht nach würden neue Rüstungsanstrengungen Milliarden verschlingen, die dringend für Bildung, Gesundheit und soziale Leistungen benötigt werden.
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Starke Umfragewerte und politische Schwerpunkte
In den ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg stehen im September Landtagswahlen an. Die BSW setzt neben Bildung und Migration vor allem auf das Thema Frieden und kann in diesen Ländern auf Umfragewerte zwischen 15 und 20 Prozent verweisen. Auch die AfD greift dieses Thema auf. Beide Parteien sind gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und plädieren für sofortige Verhandlungen mit Russland. Wagenknecht betont: „Die Friedensfrage ist sehr wichtig. Viele Menschen sind zu Recht beunruhigt, weil die Bundesregierung unser Land immer mehr zur Kriegspartei im Ukraine-Krieg macht und bisher jedes Bemühen um diplomatische Lösungen vermissen lässt.“
Die Sorgen der Ostdeutschen
Laut dem diesjährigen Allensbach-Sicherheitsreport befürchten 76 Prozent der Ostdeutschen, dass Deutschland in einen militärischen Konflikt hineingezogen werden könnte, während diese Sorge im Westen nur 44 Prozent der Bevölkerung teilen. Bundesweit sehen 75 Prozent der Befragten Russland als große Gefahr für den Frieden, im Osten sind es hingegen nur 53 Prozent. Diese Unterschiede im Bedrohungsbild sind nicht neu, haben sich jedoch durch den Ukraine-Krieg verschärft. „Mit dem Angriffskrieg ändert sich das, und die Schere geht auf“, erläutert der Politologe Oliver Lembcke. Zudem gebe es in Ostdeutschland mehr Unsicherheiten. „Und jetzt kommen zwei Parteien, die diese Unterschiede und dieses Unsicherheitsgefühl befeuern“, so Lembcke weiter.
Historische Wurzeln der Kriegsangst
Die Historikerin Katja Hoyer sieht die Wurzeln der Kriegsangst der Ostdeutschen im Kalten Krieg. „Viele Ostdeutsche sind damit aufgewachsen, dass die NATO die Bedrohung ist, mit ihrer Politik, die auf Abschreckung abzielt. Es wurde der Bevölkerung in der DDR von klein auf beigebracht, dass ein Krieg jederzeit ausbrechen könnte. Das scheint viel tiefer verankert zu sein als im Westen“, erklärt Hoyer. Sabine Zimmermann, die sächsische BSW-Chefin, bestätigt dieses Bild und berichtet, dass die Menschen am Wahlstand ihre existenziellen Ängste äußern und hoffen, dass die neue Partei etwas dagegen tun kann.
Politische Strategien und Koalitionsoptionen
Der Thüringer AfD-Vize Torben Braga betont, dass das Thema Ukraine-Krieg die Wähler stark bewegt und daher in den Landtagswahlkampf einfließt. Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linken verteidigt, trotz seiner Befürwortung von Waffenlieferungen, die Gespräche von Ungarns Regierungschef Viktor Orban in Russland und China. In Sachsen könnte der CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer mit seinen diplomatischen Rufen nach einem Einfrieren des Krieges in der Bevölkerung punkten, obwohl er in seiner Partei als Sonderling gilt.
Herausforderungen für zukünftige Koalitionen
Die Möglichkeit einer Koalition zwischen BSW und CDU in Sachsen und Thüringen ist durchaus gegeben, obwohl es Konfliktpotenzial gibt. Thüringens BSW-Co-Chef Steffen Schütz betont: „Wenn wir das auf dem Altar des politischen Geschäfts opfern, dann haben wir es auch nicht verdient, wiedergewählt zu werden.“ Politikwissenschaftler Lembcke sieht jedoch Chancen, diese Konflikte zu überwinden, indem man sich auf die fehlende Zuständigkeit der Länder bei außenpolitischen Themen beruft.
Zusammenfassend bleibt abzuwarten, wie sich die politischen Landschaften in Sachsen, Thüringen und Brandenburg nach den Wahlen gestalten werden. Klar ist, dass die Haltung zur Ukraine-Politik einen zentralen Einfluss auf mögliche Koalitionen haben wird.