Bürokratie und Verfall: Die Kritik der Wirtschaftsweisen

Bürokratie und Verfall: Die Kritik der Wirtschaftsweisen
3 weeks ago

Die Wirtschaftsweisen, offiziell bekannt als „Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“, haben ihr aktuelles Jahresgutachten vorgestellt. Die Prognose für die deutsche Wirtschaft fällt düster aus: Für 2024 wird ein Rückgang von 0,1 Prozent erwartet, während für 2025 lediglich ein schwaches Wachstum von 0,4 Prozent prognostiziert wird. Diese Schätzungen wurden gegenüber dem Frühjahrsgutachten erheblich nach unten korrigiert, in dem noch ein Wachstum von 0,2 Prozent für 2024 und 0,9 Prozent für das folgende Jahr angenommen wurde.

Schleppende Infrastrukturprojekte

Ein besonders alarmierender Punkt im Bericht ist der Zustand der Infrastruktur. Fast die Hälfte der Brücken auf Bundesfernstraßen ist laut den Wirtschaftsweisen in einem Zustand, der bestenfalls als ausreichend bezeichnet werden kann. Rund 72 Prozent dieser Brücken stammen aus der Zeit vor 1985 und sind nicht für die heutigen Verkehrsbelastungen ausgelegt. Ein rascher Wandel scheint nicht in Sicht: „Planungs-, Genehmigungs- und Gerichtsverfahren verzögern Investitionen in die Infrastruktur in hohem Maße“, heißt es im Gutachten. Der Planungsprozess nimmt etwa 85 Prozent der gesamten Projektdauer in Anspruch, während der eigentliche Bau nur 15 Prozent beansprucht.

Bürokratische Hemmnisse

Die wirtschaftliche Entwicklung wird durch eine komplexe Bürokratie ausgebremst, selbst wenn finanzielle Mittel vorhanden sind. Ein Beispiel ist die sogenannte „Parlamentsschleife“: Das Verteidigungsministerium benötigt für Ausgaben ab 25 Millionen Euro die Zustimmung des Haushaltsausschusses – eine Regelung, die seit 1981 besteht, obwohl der Verbraucherpreisindex seitdem um mehr als 130 Prozent gestiegen ist. Diese veraltete Schwelle verdeutlicht, wie dringend Reformen erforderlich sind, um Prozesse zu beschleunigen.

Unzureichende Digitalisierung

Ein weiteres Problemfeld ist die schleppende Digitalisierung. Obwohl 2017 das Onlinezugangsgesetz verabschiedet wurde, das alle Behörden verpflichtete, ihre Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 digital anzubieten, erfüllten bis Oktober 2024 nur 16,8 Prozent der rund 6900 möglichen Dienstleistungen die Anforderungen. Die Verzögerungen in diesem Bereich zeigen, wie weit Deutschland hinter den Erwartungen zurückbleibt und damit Potenziale ungenutzt lässt.

Geringe Investitionen

Auch bei den Investitionen zeigt sich Deutschland schwächer als seine EU-Partner. Die „zukunftsorientierten Ausgaben“ des Staates, die unter anderem Investitionen in Bildung, Forschung und Technologie umfassen, liegen seit Jahren unter dem EU-Durchschnitt. Dies spiegelt wider, dass grundlegende strukturelle Veränderungen notwendig sind, um das Land wettbewerbsfähig zu halten.

Ein Aufruf zur Reform

Die Analyse der Wirtschaftsweisen macht deutlich, dass die Probleme tief verwurzelt sind und nicht einfach durch finanzielle Mittel gelöst werden können. Vielmehr ist ein grundlegender Wandel in den Strukturen erforderlich, um die Herausforderungen zu bewältigen und das Wirtschaftswachstum zu fördern. Die neue Bundesregierung steht vor der Aufgabe, weitreichende Reformen in Angriff zu nehmen, um Deutschland zukunftsfähig zu machen.

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