Ein überfraktioneller Antrag im Bundestag zielt darauf ab, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft zu legalisieren. Der Vorschlag kommt von Abgeordneten mehrerer Fraktionen, die damit eine langjährige rechtliche Grauzone beseitigen wollen. Der Entwurf bezeichnet die aktuelle Regelung als „eine erhebliche Einschränkung der Selbstbestimmung, der persönlichen Integrität und der körperlichen Autonomie Schwangerer”, die die körperliche und seelische Gesundheit beeinträchtigen könne.
Details des Gesetzentwurfs
Der Antrag sieht vor, Abtreibungen bis zur zwölften Woche rechtlich zu ermöglichen. Die Beratungspflicht soll weiterhin bestehen bleiben, jedoch entfällt die derzeitige Wartefrist von drei Tagen zwischen der Beratung und dem Eingriff. Sollte ein Abbruch ohne Beratungsbescheinigung durchgeführt werden, soll lediglich der Arzt oder die Ärztin strafrechtlich belangt werden, nicht jedoch die schwangere Frau.
Ein wichtiger Bestandteil des Entwurfs ist die Übernahme der Kosten durch die gesetzlichen Krankenkassen. Zudem sollen Abbrüche nicht mehr im Strafgesetzbuch geregelt sein, sondern im Schwangerschaftskonfliktgesetz, das bereits Vorschriften zur Beratung enthält. Diese Reform würde eine deutliche Erleichterung für Schwangere bedeuten, insbesondere für jene, die in Regionen leben, in denen es schwierig ist, medizinische Fachkräfte für diesen Eingriff zu finden.
Hintergrund und Kritik an der aktuellen Regelung
Derzeit ist der Schwangerschaftsabbruch laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuches rechtswidrig, bleibt jedoch in den ersten zwölf Wochen straffrei, wenn eine vorherige Beratung erfolgt ist. Abbrüche bleiben zudem straffrei, wenn medizinische Gründe vorliegen oder die Schwangerschaft auf eine Vergewaltigung zurückzuführen ist. Doch die Abgeordneten bemängeln Widersprüche in der bestehenden Regelung. „Es gibt zwar ein gesetzliches Verfahren, aber selbst bei Einhaltung aller Vorgaben sind Abbrüche nicht legal“, heißt es im Antrag. Diese Unsicherheit schreckt medizinisches Personal ab und erschwert den Zugang zu entsprechenden Leistungen.
Ein weiteres Problem ist die Wartefrist von drei Tagen, die besonders für Frauen, die sich spät zur Abtreibung entscheiden, eine Hürde darstellt. Frauen, die in Gebieten mit wenig medizinischen Angeboten leben, haben es noch schwerer, die Frist einzuhalten.
Unterstützung und Kritik an der Bundesregierung
Bundesfrauenministerin Lisa Paus von den Grünen unterstützt den Antrag ausdrücklich. „Frauen müssen eigenständig und selbstbestimmt über den Umgang mit der Schwangerschaft entscheiden können – und zwar ohne kriminalisiert zu werden“, betonte Paus. Sie wies darauf hin, dass diese Haltung von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung und über Parteigrenzen hinweg geteilt werde.
Gleichzeitig kritisierte Paus die eigene Regierung dafür, dass sie bislang keine gesetzliche Reform auf den Weg gebracht habe, obwohl eine eigens eingesetzte Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung Empfehlungen dazu vorgelegt hatte. „Die Bundesregierung hat nicht den politischen Willen gezeigt, einen gemeinsamen Gesetzentwurf zu verabschieden“, bemängelte sie.
Dieser Antrag stellt einen entscheidenden Schritt in der Debatte um das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche dar und könnte, wenn er umgesetzt wird, den Zugang und die Bedingungen für Frauen grundlegend verbessern. Ob der Bundestag den Antrag in der verbleibenden Legislaturperiode beschließt, bleibt abzuwarten.