Droht eine Einschränkung der Lohnfortzahlung?

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6 hours ago

Die Diskussion um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nimmt an Schärfe zu. Arbeitgeberverbände fordern eine Begrenzung der Leistungen, um die Kosten für Unternehmen zu senken. Doch Experten warnen: Eine Kürzung könnte zu unerwarteten Problemen führen.

Die Forderungen der Arbeitgeber

Die Arbeitgeberseite sieht Handlungsbedarf. “Die Lohnfortzahlung kostet uns 77 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist mehr als der Verteidigungshaushalt!”, argumentiert Rainer Dulger, Präsident der Deutschen Arbeitgeberverbände. Laut einem Positionspapier sollen verschiedene Maßnahmen geprüft werden:

  • Begrenzung der Lohnfortzahlung auf sechs Wochen pro Jahr, unabhängig von der Anzahl der Krankheitsfälle.
  • Reduktion des Lohnersatzes auf 80 % des Gehalts.
  • Einführung eines Karenztags ohne Lohnzahlung bei Krankmeldungen.
  • Abschaffung von Online-Krankschreibungen.

Sind die Deutschen wirklich häufiger krank?

Die Arbeitgeber begründen ihre Forderungen mit vergleichsweise hohen Fehlzeiten in Deutschland. Doch Experten relativieren diese Zahlen. “Die Statistiken sind nicht immer aussagekräftig”, erklärt Nicolas Ziebarth vom ZEW. So erfassen viele Länder Krankheitstage nicht so präzise wie Deutschland, insbesondere seit Einführung der elektronischen Krankschreibung.

Mögliche Folgen für Arbeitnehmer und Unternehmen

Kritiker warnen, dass eine Kürzung der Lohnfortzahlung mehr Schaden als Nutzen bringen könnte. “Wenn kranke Mitarbeiter zur Arbeit gezwungen werden, steigt die Ansteckungsgefahr im Betrieb. Das führt langfristig zu noch mehr Krankheitstagen”, betont Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK. Zudem könnte der Druck, trotz Krankheit zu arbeiten, die Zahl der Arbeitsunfälle erhöhen.

Auch wirtschaftliche Auswirkungen sind möglich: Eine Reduktion der Lohnfortzahlung käme einer Gehaltskürzung gleich. Arbeitnehmer könnten als Ausgleich höhere Löhne fordern, was die Einsparungen für Unternehmen relativieren würde.

Kompromisslösungen als Alternative?

Anstatt drastische Maßnahmen einzuführen, schlagen einige Experten alternative Lösungen vor. Dazu gehören:

  • Abschaffung von Online-Krankschreibungen, die häufig missbraucht werden.
  • Einführung einer Teilzeit-Krankschreibung, die Arbeitnehmern ermöglicht, reduziert zu arbeiten, statt ganz auszufallen.
  • Prämien für Mitarbeiter mit wenigen Krankheitstagen, wie es einige Unternehmen bereits erfolgreich praktizieren.
  • Ausbau betrieblicher Gesundheitsmaßnahmen zur Prävention.

Keine einfache Lösung in Sicht

Während Arbeitgeber die hohen Kosten der Lohnfortzahlung beklagen, warnen Experten vor den negativen Folgen einer Kürzung. Ein Mittelweg könnte darin bestehen, das System effizienter zu gestalten, ohne Arbeitnehmer in eine finanzielle Zwangslage zu bringen. Die Debatte wird weitergehen – mit Auswirkungen auf Millionen von Beschäftigten.

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