9 months ago

Hamas-Unterstützer und Habecks LNG-Verbündeter: Morgen steht Scholz vor einer herausfordernden Aufgabe.

Morgen speist der Scheich von Katar mit dem deutschen Bundeskanzler. Er ist nicht nur ein Gaslieferant und bedeutender Investor in Deutschland, sondern neben dem Mullah-Regime in Teheran auch einer der Hauptfinanziers der Terrorgruppe Hamas. Dies stellt für den Kanzler eine heikle Situation dar.

Olaf Scholz wird am Donnerstag einen Gast zum Mittagessen empfangen, der sein Amt in einer Erbfolge angetreten hat, genau wie sein Vater und dessen Vater zuvor. Scheich Tamim Bin Hamad Al Thani, der gegenwärtige Emir von Katar, modernisiert sein Land in einem Maße, das das bestehende Gleichgewicht nicht stört. Er hat zwölf Kinder und drei Ehefrauen und verfügt über immense Gas- und Ölreserven, weshalb bereits Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in seiner Funktion als LNG-Gassuchender ihn umworben hat.

Er ist ein tiefgläubiger Muslim, der immer einen Schnurrbart trägt und mal im traditionellen arabischen Gewand und mal im dunkelblauen Anzug eines westlichen Geschäftsmannes erscheint. Er hat bedeutende Investitionen in deutschen Unternehmen wie Volkswagen und Deutsche Bank getätigt.

Außerdem ist er einer der Hauptfinanziers der Hamas, jener Terrororganisation, die für Angriffe auf Israel verantwortlich ist.

Baerbock lobt „Wertepartner“

Das Treffen der beiden Staatsmänner verdeutlicht, dass eine wertebasierte Außenpolitik, die sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt hat, dort endet, wo wirtschaftliche Interessen beginnen. Trotzdem bleibt die Bundesregierung von diesem Ansatz überzeugt.

Der Begriff “wertebasierte Außenpolitik” findet sich auch im Koalitionsvertrag der Berliner Ampelkoalition. Annalena Baerbock, die grüne Außenministerin, lobt auf ihren Reisen die “Wertepartner”, also Länder, die die Werte des Westens und Deutschlands teilen.

Obwohl der Emir nicht zu diesen zählt, ist er sehr gefragt. Mit Habeck unterzeichnete er im letzten Jahr einen Vertrag über LNG-Lieferungen und mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) führte er bereits Gespräche über eine langfristige Energiepartnerschaft. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat ihn zu einem Empfang im Schloss Bellevue eingeladen.

Wenn er nach Deutschland reist, spricht er nicht nur über Gas, sondern auch über weitere Milliardeninvestitionen in deutsche Unternehmen. Mit Beteiligungen bei Unternehmen wie Volkswagen, Deutsche Bank, Siemens Energy, dem gescheiterten Impfstoffproduzenten Curevac oder Hapag-Lloyd gehört Katar bereits zu den größten arabischen Investoren in Deutschland.

Katar ist ein zentraler Unterstützer der Hamas

Der Scheich hat auch andere Rollen inne als nur die eines Investors. Er war für den Westen ein wichtiger Vermittler im Umgang mit den Taliban. Als diese erneut die Kontrolle über Afghanistan übernahmen, half Katar bei der Evakuierung von Ausländern und afghanischen Helfern.

Aufgrund seiner Verbindungen zu islamistischen Gruppen ist er in der Nahost-Region eher isoliert. Eine Koalition von Nachbarländern, angeführt von Saudi-Arabien, verhängte sogar jahrelang eine totale Blockade gegen Katar, der sich auch Ägypten anschloss. Diese Staaten warfen Katar unter anderem Terrorismusunterstützung und zu enge Beziehungen zum schiitischen Iran vor. Und diese Vorwürfe sind nicht unbegründet.

Das kleine Ölstaat Katar ist neben dem Iran seit vielen Jahren ein Hauptverbündeter der Hamas. Als die Hamas-Führung aufgrund des syrischen Bürgerkriegs eine neue “Heimat” suchte, bot Katar Asyl für Führungspersonen wie Chaled Maschaal (Leiter des politischen Flügels) und Salah al-Aruri (Gründer der Kassam-Brigaden in der Westbank). Videos im Internet zeigen, wie sie in Doha den jüngsten Angriff auf Israel feierten.

Laut einer Analyse des Wiener “Standard” ist Katar zudem der wichtigste Finanzier der Hamas und unterstützt deren Herrschaft im Gazastreifen seit Jahren. Seit 2014 wurden Milliarden von Dollar nach Gaza überwiesen – für den Bau und die Erhaltung der Infrastruktur sowie für Gehälter. Katar sieht darin eine Möglichkeit, an Einfluss zu gewinnen und eine Alternative zu den regionalen Großmächten Ägypten und Saudi-Arabien zu bieten.

Dies spiegelt sich auch in einer Art “Interessenbeziehung” mit Israel wider, wie der “Standard” berichtet. Nach der israelischen Militäraktion “Operation Protective Edge” im Jahr 2014, die eine Reaktion auf anhaltende Raketenangriffe durch die Hamas und den Islamischen Dschihad war, kamen sowohl Israel als auch Katar zu dem Schluss, dass ein Wiederaufbau im Gazastreifen notwendig sei, um größere Notlagen und Unruhen zu verhindern.

Katar finanzierte den Wiederaufbau maßgeblich. Für Israel war Doha in der Vergangenheit oft wichtig, um eine Eskalation der Gewalt mit den Terrorgruppen im Gazastreifen zu verhindern.

Kurz vor dem jüngsten Großangriff der Hamas vermittelte Katar erfolgreich und erreichte Erleichterungen für Tausende palästinensische Gastarbeiter in Israel.

In katarischen Medien findet man selten Kritik am Emir

Gleichzeitig wurden im Verborgenen Vorbereitungen für den Angriff im Gazastreifen getroffen – und es bleibt ungewiss, was der Emir darüber wusste. Scholz müsste also wissen, auf welche Fragen er vor dem letzten Bissen seines Mittagessens mit dem Emir Antworten erhalten sollte.

Der Emir regiert den extrem wohlhabenden Golfstaat seit 2013. Als er die Macht übernahm, war er gerade einmal 33 Jahre alt. Seitdem hat er den Einfluss der kleinen Halbinsel massiv erweitert. Als leidenschaftlicher Fußballfan brachte er die Fußballweltmeisterschaft in das Wüstenland. Er wurde in Großbritannien ausgebildet und besuchte die renommierte Royal Military Academy Sandhurst.

Aber auch er geht gegen Kritiker in seinem Land vor. In katarischen Medien findet man selten Kritik am Emir. Menschenrechtsorganisationen beklagen immer wieder, dass in Katar Meinungsfreiheit eingeschränkt ist und Journalisten und Blogger festgenommen werden.

Kritik an Arbeitsbedingungen und Menschenrechten

Es ist nicht nur die Pressefreiheit, die in Katar eingeschränkt ist. Menschenrechtsorganisationen haben das Land in der Vergangenheit oft wegen der Arbeitsbedingungen für ausländische Gastarbeiter kritisiert, die 90 Prozent der Bevölkerung ausmachen und häufig unter miserablen Bedingungen leben und arbeiten.

In Vorbereitung auf die Fußball-Weltmeisterschaft wurden zahlreiche Stadien und Infrastrukturen gebaut – und die Arbeitsbedingungen für die Gastarbeiter wurden international scharf kritisiert. Tausende sind bei den Bauarbeiten ums Leben gekommen.

Dennoch: Katar hat in den letzten Jahren einige Reformen durchgeführt. Das berüchtigte Kafala-System, bei dem die ausländischen Arbeiter oft völlig von ihrem Arbeitgeber abhängig waren und nicht ohne dessen Zustimmung das Land verlassen konnten, wurde abgeschafft.

Aber die Kritik bleibt. Scholz wird also nicht nur über Gas und Investitionen sprechen müssen. Es wird erwartet, dass er auch die Menschenrechtslage in Katar ansprechen wird.

Es bleibt abzuwarten, ob und wie er das tun wird.

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