Erste Schuldsprüche in der Braunschweiger Hauptverhandlung
Nach fast vier Jahren Verhandlung hat das Landgericht Braunschweig im aufsehenerregenden Strafprozess zur Dieselaffäre bei Volkswagen vier frühere Führungskräfte wegen Betrugs verurteilt. Zwei Angeklagte erhielten mehrjährige Haftstrafen, zwei weitere kamen mit Bewährungsstrafen davon.
Ein früherer Leiter der Dieselmotoren-Entwicklung wurde zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt, ein Ex-Leiter der Antriebselektronik erhielt zwei Jahre und sieben Monate Gefängnis. Der ehemalige Entwicklungsvorstand der Marke VW bekam ein Jahr und drei Monate auf Bewährung, ein früherer Abteilungsleiter wurde zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt.
Vorwürfe gegen andere Beteiligte im Raum
Während die Staatsanwaltschaft den vier Angeklagten eine zentrale Rolle im Betrug zuschreibt, sehen sich diese selbst als Bauernopfer. Sie äußerten mehrfach Unverständnis darüber, dass Ermittlungen gegen andere Personen eingestellt wurden. In ihren Abschlusserklärungen kritisierten sie, dass einige Zeugen sich mit „Gefälligkeitsaussagen“ der Verantwortung entzogen hätten.
Auch der vorsitzende Richter Christian Schütz betonte, dass die vier Verurteilten nicht allein verantwortlich seien. Die betroffenen Motoren seien von zahlreichen Personen entwickelt worden. „Es gibt weitere Beteiligte mit Schlüsselrollen, die nicht angeklagt sind“, stellte Schütz klar.
Winterkorns Verfahren noch offen
Nicht auf der Anklagebank saß Ex-VW-Chef Martin Winterkorn, dessen Verfahren frühzeitig aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt wurde. Zwar äußerte sich Winterkorn später sowohl als Zeuge als auch als Angeklagter, wies jedoch jede Verantwortung von sich. Der Prozess gegen ihn wurde nach einem Klinikaufenthalt wegen eines Unfalls unterbrochen. Ob und wann das Verfahren gegen den heute 78-Jährigen fortgesetzt wird, ist ungewiss.
Laut Gerichtssprecher sind in Braunschweig noch vier weitere Verfahren mit insgesamt 31 Angeklagten anhängig.
Hintergrund: Abgasmanipulation bei VW
Die Dieselaffäre war im September 2015 durch eine Untersuchung der US-Umweltbehörde EPA ans Licht gekommen. Volkswagen hatte damals eingeräumt, mithilfe einer speziellen Software die Abgaswerte von Dieselautos auf Prüfständen manipuliert zu haben. Auf der Straße stießen die Fahrzeuge ein Vielfaches des erlaubten Stickoxids aus.
Martin Winterkorn trat wenige Tage nach Bekanntwerden der Affäre als VW-Chef zurück. Der Skandal wurde zur schwersten Krise in der Geschichte des Konzerns.