Das Wahlergebnis der Bundestagswahl hat eine ungewöhnliche politische Konstellation geschaffen. Die AfD und die Linke verfügen gemeinsam über 216 Sitze im Parlament und erreichen damit mehr als ein Drittel aller Abgeordneten. Diese zahlenmäßige Stärke verleiht ihnen eine sogenannte Sperrminorität, mit der sie bestimmte Gesetzesvorhaben blockieren können, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigen.
Welche Gesetze könnten blockiert werden?
Laut dem Politikwissenschaftler Hans Vorländer betrifft dies insbesondere verfassungsändernde Gesetze. „Das betrifft alle verfassungsändernden Gesetze, zum Beispiel die Reform der Schuldenbremse, das Sondervermögen für die Bundeswehr und die Berufung der Verfassungsrichter im Richter-Wahlausschuss des Bundestags.“ Auch eine mögliche Ausrufung des Verteidigungsfalls würde unter diese Regelung fallen.
Besonders brisant ist die Situation in Bezug auf die Bundeswehr und die Ukraine-Hilfe. Ein geplantes Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr könnte an der Sperrminorität von AfD und Linken scheitern.
Politische Brisanz: Ein Block gegen die Regierung?
Eine mögliche Blockade wäre für die Bundesregierung problematisch, da sie zentrale politische Vorhaben behindern könnte. Besonders Russland könnte von einer Schwächung der Ukraine-Unterstützung profitieren.
„Die Linke ist reserviert, wenn es darum geht, den Verteidigungshaushalt zu erhöhen, die AfD bei der Unterstützung der Ukraine“, erklärt Vorländer. Damit könnte eine Zusammenarbeit dieser Parteien genau in diesen Bereichen dazu führen, dass entsprechende Gesetzesvorhaben nicht die erforderliche Mehrheit im Parlament erhalten.
Gibt es eine reale Blockadegefahr?
Trotz der theoretischen Möglichkeit einer Blockade gilt eine langfristige Zusammenarbeit zwischen Linken und AfD als unwahrscheinlich. Die Linke würde sich mit einer solchen Strategie schwer tun, ihre Wählerbasis zu rechtfertigen. „Die Linke hat ein Rechtfertigungsproblem gegenüber den eigenen Wählern, sollte sie mit der AfD stimmen“, so Vorländer.
Auch Linken-Chef Jan van Aken betonte in einem TV-Interview, dass seine Partei gesprächsbereit sei, insbesondere bei der Schuldenbremse.
Anders sieht es bei der AfD aus. Die Partei nutzt jede Gelegenheit, um sich politisch in Szene zu setzen. „Die AfD hingegen nutzt jede Chance, sich ins Spiel zu bringen und andere Parteien vorzuführen“, meint Vorländer.
Mehr Einfluss für Opposition, aber keine Einheit
Die Sperrminorität gibt AfD und Linken zwar erheblichen Einfluss auf verfassungsändernde Gesetze, doch eine dauerhafte Zusammenarbeit beider Parteien gilt als unwahrscheinlich. Während die AfD jede Gelegenheit nutzen dürfte, sich gegen die Regierung zu positionieren, steht die Linke vor der Herausforderung, ihre eigene Wählerbasis nicht zu verprellen.
Für die Regierung bedeutet dies dennoch eine neue Herausforderung: Sie wird für wichtige Gesetzesänderungen entweder mit einzelnen Oppositionsparteien verhandeln oder alternative Wege suchen müssen, um Mehrheiten zu sichern.