Neuer Rüstungsstandort: KNDS übernimmt Alstom-Werk

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16 hours ago

Der traditionsreiche Produktionsstandort in Görlitz steht vor einer tiefgreifenden Transformation. Statt Straßenbahnen und Doppelstockwagen werden dort künftig Panzerteile gefertigt. Der deutsch-französische Rüstungskonzern KNDS hat mit dem französischen Zughersteller Alstom eine Übernahmevereinbarung getroffen, um das Werk in seine Produktion zu integrieren. Damit bleibt der Standort erhalten, wenn auch mit einer veränderten Ausrichtung.

Produktionsumstellung auf militärische Fahrzeuge

Die Vereinbarung wurde in Anwesenheit von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) unterzeichnet. KNDS plant, am Standort Görlitz zentrale Komponenten für verschiedene gepanzerte Fahrzeuge herzustellen, darunter den Kampfpanzer Leopard 2, den Schützenpanzer Puma und den Radpanzer Boxer. „Hier kommt zusammen, was wirklich zusammenpasst“, erklärte Tim Dawidowsky, Mittel- und Nordeuropa-Chef von Alstom. Die dortige Belegschaft verfüge über hohe Kompetenz in der Metallverarbeitung, was eine Umstellung auf Rüstungsgüter begünstige.

Teilweise Übernahme der Belegschaft

Nicht alle der rund 700 aktuellen Mitarbeitenden werden in das neue Geschäftsmodell eingebunden. KNDS plant, etwa 350 bis 400 der bisherigen Alstom-Beschäftigten zu übernehmen. Weitere 75 Angestellte erhalten Angebote für Arbeitsplätze an anderen KNDS-Standorten. Alstom selbst will etwa 100 Mitarbeiter an andere Produktionsstätten des Unternehmens versetzen. Insgesamt sollen etwa 580 Arbeitsplätze erhalten bleiben. Der vollständige Übergang des Werks soll bis 2027 abgeschlossen sein.

Die Zukunft des Standorts war längere Zeit ungewiss, da Alstom ursprünglich die Schließung des Werks plante. Die jetzt gefundene Lösung sichert somit die industrielle Nutzung des Standorts, wenn auch mit einer geänderten Perspektive. Bundeskanzler Scholz betonte: „Es sind sehr gute Nachrichten, dass Industriearbeitsplätze erhalten bleiben, obwohl Alstom aus Görlitz weggeht.“

Boom der Rüstungsindustrie

Die Umstellung des Werks in Görlitz erfolgt in einer Phase rasant steigender Verteidigungsausgaben. Laut Daten der Europäischen Verteidigungsagentur haben die EU-Mitgliedstaaten ihre Militärausgaben zwischen 2021 und 2024 um mehr als 30 Prozent erhöht. Im Jahr 2024 belaufen sich diese Schätzungen zufolge auf 326 Milliarden Euro, was etwa 1,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der EU entspricht.

Von dieser Entwicklung profitieren auch deutsche Rüstungskonzerne erheblich. Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall konnte seinen Umsatz in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres um 36 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro steigern. Das operative Ergebnis legte um 72 Prozent auf 705 Millionen Euro zu.

KNDS-Manager Florian Hohenwarter unterstrich die strategische Bedeutung der neuen Produktionsstätte: „Durch den neuen Standort Görlitz im KNDS-Produktionsverbund erweitern wir unsere Fertigungskapazitäten, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu stärken.“ Die Übernahme zeigt, dass der Rüstungssektor zunehmend als stabiler wirtschaftlicher Faktor wahrgenommen wird, der in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten an Bedeutung gewinnt.

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