4 days ago

Ungarns Premier kündigt Einstufung als Terrorgruppe an

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat eine verschärfte Gangart gegen die Antifa-Bewegung angekündigt. In einem Interview mit dem Staatsrundfunk erklärte er: „Auch in Ungarn ist es an der Zeit, dass wir Organisationen wie die Antifa nach amerikanischem Vorbild als terroristische Vereinigungen einstufen.“ Orbán berief sich dabei auf seinen politischen Verbündeten, den US-Präsidenten Donald Trump, der erst kürzlich die Antifa in den Vereinigten Staaten zur „bedeutenden terroristischen Organisation“ erklären wollte.

Obwohl unklar ist, wie diese Einordnung praktisch umgesetzt werden soll – die Antifa gilt als loses Netzwerk ohne zentrale Strukturen – signalisierte Orbán, dass er die Initiative in Ungarn umsetzen werde.

Bezug auf Gewaltvorfälle in Budapest

Zur Begründung führte Orbán Vorfälle aus dem Jahr 2023 an, als antifaschistische Aktivisten nach Budapest reisten, um gegen eine rechtsextreme Demonstration zu protestieren. Dabei kam es nach Regierungsangaben zu Übergriffen. Unter den Tatverdächtigen befand sich die heutige EU-Abgeordnete Ilaria Salis. Zudem sitzt die deutsche Aktivistin Maja T. seitdem in ungarischer Untersuchungshaft. Ihr wird versuchte schwere Körperverletzung vorgeworfen, im Falle einer Verurteilung drohen bis zu 24 Jahre Haft.

Orbán kritisierte, dass „Menschen aus diesem Umfeld heute im Europäischen Parlament sitzen und uns in Ungarn über Rechtsstaatlichkeit belehren“. Damit griff er die europäische Linke frontal an.

Antifa zwischen Bewegung und Ideologie

Die Antifa, kurz für „antifaschistisch“, ist weniger eine Organisation als vielmehr eine Sammelbezeichnung für lose Netzwerke und Gruppen, die gegen Rechtsextremismus auftreten. Während viele Aktionen friedlich verlaufen, setzen einige Gruppierungen auch auf militante Methoden. In Ungarn spielen antifaschistische Initiativen bislang nur eine untergeordnete Rolle.

Das Land wird seit mehr als 15 Jahren von Orbán und seiner Partei Fidesz regiert, die regelmäßig mit harter Rhetorik gegen linke und liberale Strömungen auftreten. Kritiker werfen der Regierung vor, den Begriff „Terrorismus“ politisch auszudehnen, um oppositionelle Kräfte zu schwächen.

Niederlande mit Parlamentsbeschluss zu Antifa

Parallel zu Orbáns Ankündigung fand auch in den Niederlanden eine hitzige Debatte über die Antifa statt. Das Parlament in Den Haag nahm mit 76 zu 74 Stimmen einen Antrag an, der die Regierung auffordert, die Bewegung als Terrororganisation einzustufen.

Der Vorstoß ging auf den Rechtspopulisten Geert Wilders und mehrere konservative Parteien zurück, darunter die BoerBurgerBeweging (BBB), Forum voor Democratie (FvD), VVD, SGP und JA21. In der Begründung hieß es, Antifa-Zellen hätten Politiker bedroht, Studenten eingeschüchtert und Journalisten attackiert.

Mit dem Beschluss ist jedoch keine unmittelbare Einstufung verbunden. Es handelt sich um eine politische Aufforderung, die Umsetzung liegt bei der Regierung. Juristen weisen darauf hin, dass die lose Struktur der Antifa eine rechtliche Einordnung erschweren dürfte.

Politische Signalwirkung in Europa

Die gleichzeitigen Entwicklungen in Ungarn und den Niederlanden verdeutlichen, wie stark die Diskussion über die Antifa an Dynamik gewinnt. Während Befürworter der Einstufung auf Gewaltvorfälle verweisen, warnen Kritiker vor einer Instrumentalisierung des Terrorbegriffs, die demokratische Rechte gefährden könnte.

Fest steht, dass die Auseinandersetzung über die Rolle und Gefährlichkeit antifaschistischer Gruppen längst zu einem europaweiten Politikum geworden ist.

nicht verpassen