Bund, Länder und Kommunen sehen sich in den kommenden Jahren mit erheblich geringeren Steuereinnahmen konfrontiert. Laut der aktuellen Prognose des Arbeitskreises Steuerschätzung muss der Staat bis 2028 mit Mindereinnahmen in Höhe von 58,1 Milliarden Euro auskommen, eine Summe, die deutlich unter den Erwartungen vom Frühjahr liegt. Dieser Rückgang verschärft die ohnehin angespannte Haushaltslage und könnte die Spannungen innerhalb der Ampelkoalition weiter befeuern.
Finanzminister Lindner: „Zusätzliche Konsolidierung notwendig“
Der Rückgang der Steuereinnahmen betrifft insbesondere den Bund, der allein bis 2028 rund 12,7 Milliarden Euro weniger einnehmen wird. Im laufenden Jahr beträgt das Minus gegenüber der Mai-Schätzung bereits 3,4 Milliarden Euro. Auch die Länder und Kommunen sind betroffen: Für 2024 wird ein Rückgang von 2,3 Milliarden Euro bei den Ländern und 600 Millionen Euro bei den Kommunen erwartet.
„Neue Spielräume im Haushalt ergeben sich nicht“, erklärte Finanzminister Christian Lindner (FDP) in einer Pressekonferenz in Washington. Er betonte, dass zusätzliche Einsparungen notwendig sein werden, und warnte: „Nicht jede staatliche Leistung wird noch möglich sein.“ Lindners Aussage verdeutlicht, dass der finanzielle Spielraum des Staates in den kommenden Jahren stark eingeschränkt sein wird.
Ursachen: Konjunkturschwäche und mangelnde Investitionen
Der Abschwung der Konjunktur ist laut Ökonomen der Hauptgrund für das Einbruch bei den Steuereinnahmen. Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) weist darauf hin, dass die Flaute „voll auf die Einnahmen durchschlägt“. Heinemann kritisierte, dass es unrealistisch sei, gleichzeitig in Zukunftsprojekte zu investieren und immer neue Ansprüche an den Staat zu stellen, von Pflege und Gesundheit bis hin zu Renten. „Politik und Öffentlichkeit müssen endlich aufwachen,“ so der Wirtschaftsexperte.
Opposition macht Ampelkoalition verantwortlich
Die Union gibt der Ampelkoalition die Schuld an der schwierigen finanziellen Lage. Mathias Middelberg, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, warf SPD, Grünen und FDP vor, die aktuelle Steuerschätzung sei „das Ergebnis der chaotischen Wirtschaftspolitik“ der Bundesregierung. Er kritisierte den Dauerstreit innerhalb der Regierung, der das Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen zerstöre. „Die Spielräume für den Haushalt 2025 werden jetzt noch enger“, betonte Middelberg und forderte eine konsequente Sparpolitik sowie eine effektive Umstrukturierung im Haushalt.
Die Prognosen zeigen klar: Der Staat steht vor finanziell schwierigen Zeiten. Der Druck, Ausgaben zu überdenken und gezielt zu kürzen, wird in den kommenden Jahren deutlich steigen.