Die derzeit stark gesunkenen Preise für Benzin und Diesel in Polen üben einen immer stärkeren Anreiz auf Autofahrer aus Brandenburg aus, das benachbarte Land für ihren Kraftstoffbedarf anzusteuern. Die Preisdifferenzen variieren je nach Kraftstoff und können bis zu 60 Cent pro Liter betragen. Ein Sprecher des Tankstellen-Interessenverbandes äußerte sich dazu am Dienstag und wies darauf hin, dass das Einzugsgebiet der Tanktouristen sich merklich ausdehnt.
Eine interessante Faustregel besagt, dass bei einem Preisunterschied von 15 Cent pro Liter der Einzugsbereich etwa fünf Kilometer beträgt. Mit steigender Preisdifferenz erhöht sich der Radius, in dem deutsche Autofahrer die Grenze überqueren, erklärte der Sprecher. Er betonte, dass der Begriff “Tanktourismus” erst bei Preisunterschieden von 40 oder 50 Cent pro Liter so richtig seine Bedeutung entfaltet.
Tankrabatte kurz vor den polnischen Wahlen?
In den letzten Wochen hat der polnische Mineralölkonzern Orlen die Spritpreise gesenkt. Der aktuelle Durchschnittspreis für Benzin und Diesel liegt bei 5,99 Zloty pro Liter, was umgerechnet etwa 1,30 Euro entspricht. Dieser Preis liegt deutlich unter dem in Deutschland. Besonders interessant ist, dass zwei Wochen vor den Parlamentswahlen in Polen Vorwürfe laut wurden, Orlen unterstütze die nationalkonservative PiS-Regierung durch künstlich niedrige Benzinpreise im Wahlkampf.
Orlen ist zu 27,5 Prozent im Besitz des polnischen Staates, und der Konzernchef Daniel Obajtek ist Mitglied der Regierungspartei PiS. Da Orlen einen Marktanteil von 65 bis 70 Prozent hält, bestimmt er maßgeblich die Preisgestaltung, der andere Wettbewerber folgen müssen.
Der Tanktourismus ist geografisch begrenzt, so der Sprecher des Tankstellen-Interessenverbandes. Bisher hat sein Einzugsbereich maximal etwa 50 Kilometer im Landesinneren erreicht. Innerhalb dieses Radius unternehmen Menschen aufgrund der attraktiven Kraftstoffpreise teilweise Tagesausflüge. Dieses Phänomen zeigt sich nicht nur an der polnischen Grenze, sondern ähnliche Beobachtungen wurden auch im Saarland oder an der niederländischen Grenze gemacht, betonte der Sprecher.