Tausende demonstrieren in Berlin gegen den Rechtsruck

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2 days ago

Vor dem Brandenburger Tor haben Zehntausende Menschen ein Zeichen gegen den weltweiten Rechtsruck gesetzt. Die Demonstration unter dem Motto „Lichtermeer gegen Rechts“ richtete sich nicht nur gegen die AfD, sondern auch gegen die politische Entwicklung der CDU unter Friedrich Merz.

Ein Meer aus Lichtern als Symbol des Widerstands

Um 17:30 Uhr begannen die Lichter vor dem Brandenburger Tor zu leuchten. Smartphone-Taschenlampen, Kerzen und Lichterketten wurden in die Höhe gehalten, während die Menge skandierte: „Wir sind die Brandmauer!“ Auf Plakaten war unter anderem zu lesen: „Nie wieder Faschismus.“

Die Demonstration wurde von Organisationen wie Campact, Fridays for Future und Eltern gegen Rechts initiiert. Christoph Bautz, Geschäftsführer von Campact, erklärte im Vorfeld: „Wir wollen ein starkes Signal gegen den weltweiten Rechtsruck setzen – gegen Donald Trump in den USA, gegen Herbert Kickl in Österreich und gegen die Entwicklung der CDU unter Friedrich Merz.“

Wut über Friedrich Merz und seine Migrationspolitik

Die Rede von Friedrich Merz nach dem Anschlag in Aschaffenburg sorgte bei vielen Demonstranten für Empörung. Der CDU-Chef hatte angekündigt, als Kanzler die Grenzen dauerhaft kontrollieren und die Einreise für Menschen ohne gültige Papiere verhindern zu wollen. Zudem plant er, neue Migrationsanträge in den Bundestag einzubringen, ohne sich um eine mögliche Zustimmung der AfD zu sorgen.

„Die Brandmauer zur AfD muss halten“, betonte Bautz. Es sei besorgniserregend, dass Merz praktisch die Abschaffung des Asylrechts fordere. Die Demonstranten wollten auch jene Unionswähler ansprechen, die den aktuellen Kurs der CDU nicht unterstützen.

Sorgen und Frustration unter den Demonstranten

Unter den Teilnehmern herrschte eine Mischung aus Wut, Enttäuschung und Sorge. Mona Skamletz, eine der Demonstrantinnen, erklärte: „Es ist beängstigend, was Leute inzwischen für Äußerungen treffen, die eigentlich für christliche Werte stehen.“ Sie verglich die aktuellen Entwicklungen mit historischen Mustern: „Das ist ein Muster, das wir in unserer Geschichte schon einmal gesehen haben.“

Auch auf der Bühne wurde deutliche Kritik an Merz laut. Luisa Neubauer von Fridays for Future sagte: „Wir sind hier, weil wir das Rückgrat haben, das wir bei Friedrich Merz vermissen.“ Sie rief der Menge zu: „Sie haben Hass, wir haben Haltung!“

Klare Botschaften gegen Rechtsextremismus

Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, forderte entschlossenen Widerstand gegen rechtsextreme Strömungen. „Unsere Fassungslosigkeit muss zu Widerstand werden.“ Sie warnte vor der wachsenden Angst in der Gesellschaft und betonte: „Wir schweigen nicht, wenn Menschen ausgegrenzt, angegriffen oder bedroht werden.“ Zum Abschluss ihrer Rede richtete sie deutliche Worte an Friedrich Merz: „Wer Anstand hat, hält Abstand.“

Auch die Autorin und Publizistin Carolin Emcke sprach über die gesellschaftliche Spaltung und wachsende soziale Ungerechtigkeit. „Das ist unsere Demokratie, und die lassen wir uns nicht wegnehmen.“

Gibt es eine neue Bewegung gegen Rechts?

Die Demonstration erinnerte an die großen Proteste vor einem Jahr, als Correctiv über ein Geheimtreffen von AfD-Politikern und rechten Geldgebern berichtete. Damals mobilisierten sich Zehntausende Menschen bundesweit gegen Rechts.

Campact-Geschäftsführer Bautz hofft, dass von Berlin erneut eine Bewegung ausgeht: „Die Leute müssen erkennen, dass sie wieder auf die Straße gehen müssen.“ Er verwies darauf, dass die AfD nach den Protesten 2023 in den Umfragen für die Europawahl von 20 auf 16 Prozent fiel.

Doch nicht alle teilen seinen Optimismus. David Begrich, Sozialwissenschaftler und Protestforscher, meint, dass die Demonstrationen derzeit vor allem jene Menschen erreichen, die sich ohnehin gegen Rechtsextremismus engagieren. „Es bräuchte ein Ereignis, das auch andere Leute auf die Straße holt.“

Enttäuschung trotz großer Beteiligung

Trotz der beeindruckenden Teilnehmerzahl von über 100.000 Menschen, die die Veranstalter vermeldeten, blieb Skepsis. Nikolai Marcinowski, ein Teilnehmer mit einem „FCK AfD“-Schild, sagte ernüchtert: „Ich bin leider nicht so optimistisch. Im vergangenen Jahr ist einfach zu wenig passiert, im Gegenteil, es ist schlimmer geworden.“

Auch Bettina Lindemann äußerte ihre Frustration über die CDU unter Merz: „Er meint jetzt ernsthaft, er müsste Trump kopieren. Und dieses Vorgehen ist für mich nicht demokratisch.“

Die Demonstration in Berlin sendet ein starkes Signal – doch ob sie tatsächlich eine neue Protestbewegung gegen Rechts auslösen kann, bleibt abzuwarten.

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