100 Jahre Türkei: Erdogans Distanzierung vom Erbe Atatürks

1 year ago

Das historische Fundament der Türkei

Die Gründung der Türkischen Republik am 29. Oktober 1923 markierte das Ende des Osmanischen Reiches und den Beginn einer neuen Ära. Unter der Führung von Kemal Atatürk erlebte das Land tiefgreifende Veränderungen, die sich in Richtung Westen orientierten: das lateinische Alphabet, Frauenrechte und ein modernes Erscheinungsbild in Städten wie Istanbul.

Die Dualität von Atatürks Erbe

Trotz des überwältigenden Personenkults um Atatürk ist sein Erbe bis heute ein Diskussionspunkt. Während viele seine Entscheidung, die Religion aus dem öffentlichen Leben zu verbannen und den Staat säkular zu halten, begrüßen, sehen andere darin eine Unterdrückung. Erdogans Aufstieg kann teilweise als Reaktion auf diesen stark säkularen Kurs gedeutet werden.

Erdogans osmanisches Echo

Im Gegensatz zu Atatürk sieht Erdogan sich in der Tradition des Osmanischen Reiches und betont die Bedeutung der Religion in der Politik. Seine Maßnahmen, wie die Aufhebung des Kopftuchverbots und die Stärkung der Religionsbehörde, widerspiegeln diese Neuausrichtung.

Die Transformation der AKP

Unter Erdogan hat sich die AKP von einer Partei, die eine breite Gesellschaft vertrat, zu einer Partei gewandelt, die vor allem den streng muslimisch konservativen Teil der Bevölkerung repräsentiert. Dies bringt Spannungen mit sich, da es die kulturelle und ethnische Vielfalt der Türkei übergeht.

Freiheit oder nur eine Facette davon?

Für Anhänger Erdogans, wie Özlem Zengin, symbolisiert die AKP eine befreiende Bewegung. Das Ende des Kopftuchverbots zum Beispiel ermöglichte vielen Frauen, wie Zengin, sich frei und repräsentiert zu fühlen. Doch Kritiker weisen darauf hin, dass diese “Freiheit” begrenzt ist und oft auf Kosten anderer geht.

Erdogans polarisierende Strategie

Mit einem klaren Freund-Feind-Schema verschärft Erdogan die politischen Spannungen im Land. Trotz seiner Bestrebungen und Veränderungen stellt die EU die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit der Türkei infrage.

Die Ironie von Erdogans Erfolg

Interessanterweise verdankt Erdogan einen Teil seines Erfolgs dem Erbe Atatürks. Atatürk schuf die Voraussetzungen für den sozialen Aufstieg Erdogans und stärkte Institutionen, die Erdogan später nutzen konnte.

Abschied von Atatürk – Ein zweischneidiges Schwert

100 Jahre nach der Gründung der Türkischen Republik durch Atatürk steht das Land an einem Scheideweg. Während das Überwinden von Atatürks Erbe für einige als positiver Schritt gesehen werden kann, ist die Art und Weise, wie dies unter Erdogans Führung geschieht, besorgniserregend.

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