Die Europäische Kommission plant, den Zugang Chinas zu vier kritischen Technologiefeldern, von Künstlicher Intelligenz bis Gentechnik, einzuschränken. Dieser Schritt beginnt mit einem Stresstest, und die finalen Entscheidungen sollen im Frühjahr getroffen werden.
Die Europäische Kommission setzt ihre Strategie in Bezug auf China fort.
Nach der Ankündigung eines Antisubventionsverfahrens für Elektroautos aus China, zielt die Brüsseler Behörde nun auf kritische Technologien ab, die sie einem strategischen Rivalen wie China möglichst nicht zugänglich machen möchte. Dabei wurden zehn Technologiebereiche als sensibel identifiziert.
Von diesen möchte die Kommission bis zum Ende des Jahres gemeinsam mit den Mitgliedstaaten vier umfassend daraufhin analysieren, ob sie eine Gefahr für die wirtschaftliche Sicherheit der EU darstellen. Dies schließt moderne Halbleitertechnik sowie Künstliche Intelligenz, Quantentechnologie und Biotechnologie, insbesondere Gentechnik, mit ein.
Die Auswahl dieser kritischen Technologien erfolgte auf Grundlage von drei Kriterien: ihre potenzielle Verwendung für militärische Zwecke, die Möglichkeit der Verletzung von Menschenrechten und ihr disruptives Potenzial für Sektoren oder die Gesamtwirtschaft. Das Hauptziel besteht darin, die wirtschaftliche Führungsposition der EU zu sichern oder auszubauen, und zumindest zu verhindern, dass die EU im Vergleich zu China zurückfällt. Auch die Sicherheit der Lieferketten wird überprüft.
Dies alles folgt der Logik der neuen Brüsseler Politik zur Risikoreduzierung, mit der die EU ihre Abhängigkeit von China verringen will. Ebenfalls im Hintergrund steht das Exportverbot, das die Niederlande im Frühjahr für Maschinen zur Chipproduktion nach China verhängt haben, auf Druck der USA. Die Kommission beabsichtigt, solche Schritte zukünftig besser zu koordinieren.
Die Kommission betonte mehrmals, dass die Liste der kritischen Technologien ohne Diskriminierung einzelner Länder erstellt wurde und sich daher nicht gegen China richtet. Dennoch spielten geopolitische Aspekte eine Rolle, wie ein hochrangiger Mitarbeiter zugab.
Bei der Vorstellung der “Strategie zur wirtschaftlichen Sicherheit”, auf der diese Liste basiert, hatte Kommissionsvizepräsidentin Margrethe Vestager im Juni erklärt, dass außer Russland kein anderer Staat als Adressat in Frage komme. Welche Maßnahmen die EU ergreift, wenn nach der Risikoanalyse Handlungsbedarf besteht, wird im Frühjahr entschieden.
Die Sicherheitsstrategie sieht neben gezielter Förderung von Technologien durch Subventionen und der Zusammenarbeit mit Drittstaaten auch “Schutzmaßnahmen” vor. Hierbei könnten Exportkontrollen in Betracht gezogen werden, ebenso wie die von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagenen neuen Kontrollen für Unternehmensinvestitionen in Drittstaaten. Die EU-Kommission plant, bis Ende des Jahres einen entsprechenden Vorschlag vorzulegen. Dies geschieht im Rahmen einer Reihe neuer “Handelsinstrumente”, die die EU in letzter Zeit geschaffen hat, um gegen China vorgehen zu können.
Die Verabschiedung der neuen Investitionskontrollen bis zur Europawahl 2024 ist ungewiss. Berlin ist entschieden dagegen, da Deutschland aufgrund des intensiven Handels und der Tätigkeiten deutscher Unternehmen in China stark betroffen sein könnte. Es gab Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Kommission bezüglich der Auswahl der kritischen Technologien. EU-Industriekommissar Thierry Breton soll auf einer längeren Liste bestanden haben.
Es wurde betont, dass die Liste nicht abschließend ist. Wie die EU mit den anderen sechs Technologien auf der bestehenden Liste umgeht und ob sie ebenfalls einer Risikoanalyse unterzogen werden, wird im Frühjahr gemeinsam von der Kommission und den Mitgliedstaaten entschieden.
Energie steht ebenfalls auf der Liste. Hier plant die Kommission, bis Ende des Monats unabhängig davon Vorschläge vorzulegen, wie die EU ihre Windenergiebranche vor der wachsenden Konkurrenz aus China schützen kann. Dabei wird wahrscheinlich die gezielte Vergabe von Aufträgen an Unternehmen aus der EU, geknüpft an Umwelt- oder Arbeitsstandards, im Mittelpunkt stehen.