Regierung prüft neue Reaktortechnologien
Nach fast 40 Jahren Atomverzicht zeigt sich Dänemark offen für eine Neubewertung der Kernenergie. Energieminister Lars Aagaard kündigte an, die möglichen Vorteile moderner, modularer Reaktoren analysieren zu lassen. Es handele sich dabei ausdrücklich nicht um einen Kurswechsel, sondern um eine sachliche Prüfung technologischer Entwicklungen.
Atomkraft als Ergänzung zu Wind und Sonne
Obwohl über 80 Prozent des dänischen Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen – vor allem aus Windkraft, Solarenergie und Biomasse – gerät das Energiemodell zunehmend unter Druck. Inflation, Lieferengpässe und steigende Finanzierungskosten haben jüngst zu Projektabsagen beim dänischen Energieriesen Ørsted geführt. So wurde etwa das Großprojekt Hornsea 4 vor der britischen Küste gestrichen.
Nachfrage nach Grundlaststrom wächst
Aagaard betonte, man müsse bewerten, „was neue Reaktoren für unsere Gesellschaft bedeuten könnten“. Hintergrund ist die zunehmende Nachfrage nach verlässlichem, emissionsfreiem Grundlaststrom – etwa für Industrie, Verkehr und Rechenzentren. Gerade hier stoßen wind- und sonnengestützte Systeme an ihre Grenzen.
Politikprominenz fordert Umdenken
Der frühere Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen forderte eine Abschaffung des Verbots von Kernkraftwerken. Er nannte es „lächerlich, Atomenergie von vornherein auszuschließen“. Seiner Meinung nach sei die Debatte um neue Reaktorkonzepte ein Schritt in Richtung eines Paradigmenwechsels in der dänischen Energiepolitik.
Europaweite Neubewertung der Kernenergie
Dänemarks Überlegungen stehen im Kontext einer europäischen Renaissance der Atomkraft. Frankreich, Belgien und Großbritannien verlängern Laufzeiten und planen Neubauten. Italien prüft sogar eine Rückkehr zur Atomenergie. In Deutschland hingegen tobt erneut eine politische Debatte über eine mögliche Reaktivierung abgeschalteter Reaktoren.