Höhere Anforderungen für sichere Herkunftsstaaten
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Kriterien für die Einstufung sogenannter sicherer Herkunftsstaaten verschärft. Künftig dürfen EU-Mitgliedstaaten solche Listen nur dann führen, wenn zweifelsfrei nachgewiesen ist, dass die gesamte Bevölkerung in den jeweiligen Ländern sicher ist. Zudem müssen die Quellen für diese Einstufung offengelegt werden. Damit sollen Entscheidungen überprüfbar und transparent gestaltet werden.
Italiens „Albanien-Modell“ gerät ins Wanken
Besonders betroffen ist Italien, dessen umstrittenes „Albanien-Modell“ zur Durchführung beschleunigter Asylverfahren nun auf der Kippe steht. Das Konzept sieht vor, männliche Migranten aus als sicher eingestuften Ländern in albanischen Lagern unterzubringen und ihre Asylanträge dort abzuarbeiten. Giorgia Meloni, Italiens Ministerpräsidentin, kritisierte das Urteil scharf: „Dies ist ein Schritt, der alle beunruhigen sollte.“
Melonis Kritik an der Rolle der Justiz
Meloni warf den europäischen Richtern vor, politische Zuständigkeiten zu überschreiten: „Die Justiz – diesmal die europäische – beansprucht Zuständigkeiten, die ihr nicht zustehen, während die Verantwortung bei der Politik liegt.“ Laut ihr entziehe das Urteil Fachministerien und Parlamenten Entscheidungsspielräume und stärke einzelne Richter, die sich auch auf private Quellen stützen könnten.
Auswirkungen auf nationale Asylregelungen
Das Urteil betrifft nicht nur Italien. Pauline Endres de Oliveira, Professorin für Migrationsrecht, betonte: „Die europäischen Vorgaben zur Einstufung sicherer Herkunftsstaaten gelten auch in Deutschland.“ Hier umfasst die Liste neben den EU-Staaten Länder wie Ghana, Georgien, Senegal, Moldau und die Westbalkan-Staaten. Unklar sei, wie sich die verschärften Vorgaben künftig auf Länder wie die Maghreb-Staaten auswirken.
Kritik von Menschenrechtsorganisationen
Die Organisation Pro Asyl kritisierte das italienische Modell scharf. Sprecherin Wiebke Judith nannte es eine „gefährliche ‚Aus den Augen, aus dem Sinn‘-Politik“, die Menschenrechte ignoriere. Zudem verwies sie auf die hohen Kosten des Projekts: „Die Kosten sind exorbitant und stehen in krassem Gegensatz zur Wirkungslosigkeit des Modells.“