Angesichts einer schwächelnden Konjunktur und wieder steigender Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen im Euroraum gesenkt. Der Einlagenzins, den Banken für Guthaben bei der EZB erhalten, wurde um 0,25 Prozentpunkte auf 3,0 Prozent reduziert. Auch der Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich Banken Geld leihen können, wurde reduziert.
Hintergrund der Zinssenkung
Nach einer Serie von Zinserhöhungen hatte die EZB im Juni 2024 mit einer Zinswende begonnen, um der abflauenden Inflation zu begegnen. Doch die jüngsten Entwicklungen, darunter eine Teuerungsrate von 2,3 Prozent im November und eine Kerninflation von 2,7 Prozent, sorgten für neue Herausforderungen.
„Unser Ziel sind stabile Preise und eine Inflation von 2,0 Prozent“, betonte EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Doch nicht nur die Inflation bereitet Sorge: Die Konjunktur im Euroraum zeigt Schwächen, was die Notwendigkeit einer Lockerung der Geldpolitik verstärkte.
Auswirkungen auf Kredite und Sparer
Die Zinssenkung macht Kredite für Verbraucher und Unternehmen günstiger. Eine Baufinanzierung mit zehnjähriger Laufzeit kostet derzeit im Schnitt 3,19 Prozent – deutlich weniger als die fast vier Prozent vor einem Jahr. Dies erleichtert Investitionen und könnte die Wirtschaft ankurbeln.
Sparer hingegen müssen mit sinkenden Renditen rechnen. Tagesgeldkonten bieten laut Verivox aktuell im Schnitt 1,62 Prozent Zinsen, der niedrigste Wert seit einem Jahr. Auch beim Festgeld mit zweijähriger Laufzeit sanken die Zinsen auf durchschnittlich 2,34 Prozent.
Konjunkturelle und geopolitische Risiken
Die Zinspolitik der EZB steht vor weiteren Herausforderungen. Der russische Angriff auf die Ukraine hat die Energiepreise angeheizt und die Inflation in die Höhe getrieben. Gleichzeitig bereiten die angekündigten Handelszölle des designierten US-Präsidenten Donald Trump Sorgen.
„Eine Zollspirale wäre ein Risiko für die gesamte Weltkonjunktur“, warnte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel schätzt, dass Strafzölle Deutschland ein Prozent der Wirtschaftsleistung kosten könnten. Zudem könnten höhere Importkosten die Inflation weiter anheizen.
Ein Balanceakt für die EZB
Die EZB steht vor der Herausforderung, das Gleichgewicht zwischen steigender Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit zu wahren. Während die Zinssenkung kurzfristig Entlastung bringen kann, bleibt abzuwarten, wie sich geopolitische und wirtschaftliche Risiken auf den Euroraum auswirken. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um die Stabilität im Währungsraum zu sichern.