Nach monatelangen Verhandlungen haben sich die ÖVP, SPÖ und Neos auf eine Dreierkoalition geeinigt – eine Premiere in der politischen Geschichte Österreichs. Die Gespräche waren von heftigen Debatten, gescheiterten Versuchen und parteiinternen Konflikten geprägt. Nun steht die Regierungsbildung kurz vor dem Abschluss, doch das Regierungsprogramm zeigt bereits deutliche Spuren des politischen Einflusses der FPÖ, obwohl diese nicht Teil der Koalition ist.
Ein steiniger Weg zur Einigung
Fünf Monate nach der Wahl wartet Österreich noch immer auf eine neue Regierung. Die ursprünglichen Koalitionsverhandlungen zwischen der ÖVP und der FPÖ scheiterten, ebenso wie ein erster Versuch, eine Koalition ohne die rechtsnationale Partei zu formen. Nun liegt eine Vereinbarung zwischen ÖVP, SPÖ und Neos vor, die noch von den jeweiligen Parteigremien bestätigt werden muss.
Während die ÖVP voraussichtlich ohne größere Widerstände zustimmen wird, gibt es bei der SPÖ interne Machtkämpfe, die das Vorhaben gefährden könnten. Auch die Neos-Mitglieder müssen mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen – eine hohe Hürde, die am Sonntag in einer Abstimmung überwunden werden muss. Sollte alles nach Plan laufen, könnte die neue Regierung bereits am Montag ihre Arbeit aufnehmen.
Harte Maßnahmen in der Migrationspolitik
Die politische Agenda der neuen Koalition trägt trotz der Abwesenheit der FPÖ deutliche Züge ihrer Politik. So stehen Maßnahmen zur Migrationskontrolle im Mittelpunkt:
- Temporärer Stopp des Familiennachzugs
- Kopftuchverbot für Minderjährige
- Einführung eines verpflichtenden Integrationsjahres
- Kürzungen bei Sozialleistungen für Migranten
Diese Maßnahmen spiegeln Forderungen wider, die zuvor insbesondere von der FPÖ betont wurden.
Wirtschaftliche Herausforderungen und Haushaltsdefizit
Ein weiteres zentrales Thema ist die angespannte wirtschaftliche Lage Österreichs. Die Koalition übernimmt den bereits mit der FPÖ ausgehandelten Budgetentwurf, der zur Vermeidung eines EU-Defizitverfahrens in Brüssel eingereicht wurde. Das Haushaltsloch ist jedoch enorm – zwischen 18 und 24 Milliarden Euro müssen eingespart werden.
Darüber hinaus plant die Regierung Reformen in den Bereichen Mietrecht, Pensionssystem und Arbeitslosenregelungen, um die wirtschaftliche Stabilität zu sichern.
Europa-Politik und Neutralitätsdebatte
Die pro-europäischen Neos übernehmen das Außenministerium, was auf eine stärkere Integration Österreichs in europäische Strukturen hindeutet. Gleichzeitig wird Österreichs Beteiligung an der europäischen Luftverteidigungsinitiative Skyshield bekräftigt.
Dies könnte eine neue Debatte über die Neutralität Österreichs auslösen – ein Thema, das in der Vergangenheit oft vermieden wurde.
Eine Koalition auf dem Prüfstand
Der designierte Kanzler Christian Stocker (ÖVP) betonte, dass die Regierung die unterschiedlichen Vorstellungen der Parteien in einem gemeinsamen Programm vereint habe. Der Druck zur Einigung kam auch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der mehrfach auf eine funktionierende Regierung gedrängt hatte.Nun bleibt abzuwarten, ob dieses Bündnis die Herausforderungen meistern kann oder an den internen Differenzen scheitert. Die politische Landschaft Österreichs bleibt fragil – und die kommenden Monate werden zeigen, ob dieses historische Dreierbündnis tatsächlich tragfähig ist.