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Hintergrund und Bedarf
In Deutschland leidet etwa ein Sechstel der Bevölkerung an psychischen Problemen – von Panikattacken über Depressionen bis zu Burn-out-Symptomen. Die Suche nach einem freien Therapieplatz gestaltet sich oft langwierig, sodass viele Betroffene monatelang warten müssen. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) bieten hier eine Zwischenlösung, die auf Rezept erhältlich und von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet wird.

Rechtliche Grundlagen und Funktionsweise
„Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung haben einen Anspruch auf eine Versorgung mit DiGAs, die von Ärzten und Psychotherapeuten verordnet werden können und durch die Krankenkasse erstattet werden“, erklärt Maik Pommer, Pressesprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Das BfArM überprüft die DiGAs streng auf Wirksamkeit, Datenschutz und Benutzerfreundlichkeit. Rund 50 Anwendungen sind derzeit zugelassen, wovon etwa die Hälfte zur psychischen Unterstützung entwickelt wurde.

Anwendung und Inhalte
Die DiGAs basieren häufig auf verhaltenstherapeutischen Ansätzen und bieten interaktive Selbsthilfeprogramme, Tagebuch- und Tracking-Funktionen sowie Entspannungsübungen. Betroffene lernen, Denkmuster zu erkennen und zu verändern. Dabei werden auch „Mutprojekte“ eingesetzt, bei denen Patienten aktiv ihre Ängste angehen – ein Ansatz, den Psychologin Lara Ebenfeld so beschreibt: „Die Patienten bekommen nicht nur theoretisches Wissen über ihre Erkrankung und setzen sich aktiv damit auseinander, sondern sind auch angehalten, ihre Ängste in sogenannten ‚Mutprojekten‘ anzugehen.“

Vorgehensweise und Zielgruppe
Um eine DiGA zu nutzen, verordnet der Arzt oder Psychotherapeut auf Basis einer Diagnose die entsprechende Anwendung. Anschließend reicht der Patient das Rezept bei seiner Krankenkasse ein, die das Angebot freischaltet. Die Programme richten sich primär an Menschen mit leichter bis mittelschwerer psychischer Belastung – sie überbrücken Wartezeiten und ergänzen eine herkömmliche Psychotherapie. Lara Ebenfeld betont zudem: „Das ist wahrlich keine einfache Aufgabe und ein Transfer des Gelernten in den Alltag ist für den Erfolg der DiGA besonders wichtig.“

Einschränkungen und Ausblick
Trotz der positiven Aspekte sind DiGAs kein Ersatz für eine vollwertige Psychotherapie. „Eine DiGA kann keine Therapie ersetzen“, so Gerhild Rausch-Riedel vom Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten. Insbesondere bei schweren Depressionen oder Trauma-Folgestörungen ist der direkte therapeutische Kontakt unabdingbar. Dennoch bieten diese Apps eine niederschwellige, anonyme und jederzeit abrufbare Unterstützung – gerade in Zeiten, in denen schnelle Hilfe dringend benötigt wird.

Mit DiGAs erhalten Betroffene eine wichtige Zwischenlösung, um die Wartezeit auf einen Therapieplatz sinnvoll zu überbrücken und erste Schritte zur Genesung zu gehen.

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