Künstliche Intelligenz (KI) und soziale Medien stellen die bisherigen Strukturen des Einzelhandels auf den Prüfstand. Mit neuen Technologien und Plattformen verändern sich Beratung, Kundenbindung und Kaufverhalten grundlegend – Herausforderungen, die den Handel zwingen, sich neu zu erfinden.
KI verändert Beratung und Produktsuche
Neue KI-basierte Plattformen wie Perplexity AI revolutionieren die Produktsuche und -beratung. Diese Suchmaschinen verarbeiten Informationen unabhängig und umfassend, bieten neutrale Empfehlungen und ermöglichen direkten Einkauf. Anders als klassische Händler haben sie keine Eigeninteressen, was sie für Kunden besonders attraktiv macht.
„Das Potenzial dieser Entwicklungen ist enorm. Kunden suchen Transparenz und Objektivität bei ihrer Kaufentscheidung“, erklärte ein Branchenexperte. Mit KI wird Beratung zur vollautomatisierten, unabhängigen Dienstleistung, was die bisherigen Wertschöpfungsketten des Handels infrage stellt.
Social Media: Vom Entertainment zur Verkaufsplattform
Plattformen wie TikTok, Instagram oder YouTube entwickeln sich zu echten Verkaufskanälen. Mit personalisierten Inhalten und impulsgetriebenem Shopping, auch Discovery Commerce genannt, binden sie Kunden effektiv. TikTok Shop ist ein Paradebeispiel: Hier verschmelzen Unterhaltung und Handel, wodurch Produkte entdeckt und direkt gekauft werden können.
Die sogenannte „QVC-isierung“ von Social Media wird immer deutlicher. Livestreams mit KI-Moderatoren und interaktive Produktvorstellungen schaffen ein digitales Einkaufserlebnis, das dem klassischen Ladenbesuch in nichts nachsteht. Plattformen wie Alibabas Taobao Live zeigen bereits, wie erfolgreich dieser Ansatz sein kann.
Die Herausforderungen für den Einzelhandel
Für den deutschen Einzelhandel ergeben sich daraus zwei große Herausforderungen. Erstens droht der Verlust des direkten Kundenzugangs, da soziale Plattformen immer mehr Einfluss auf das Kaufverhalten gewinnen. Zweitens wird die Beratungsfunktion der Händler durch KI-Dienste ersetzt, die schneller, umfassender und unabhängiger arbeiten.
„Der Handel muss lernen, sich in die neue Plattformökonomie zu integrieren, ohne die eigene Identität zu verlieren“, sagte ein Vertreter des Handelsverbands Deutschland (HDE). Der Verband rechnet für 2024 mit einem realen Umsatzrückgang und der Schließung von 5.000 weiteren Geschäften.
Neue Wege für den Handel
Zukunftsfähige Ansätze könnten darin liegen, KI-basierte Beratung selbst zu entwickeln und diese mit dem klassischen Handelsangebot zu kombinieren. Zudem müssen Händler ihre Kundenbeziehungen neu denken: Personalisierte Angebote, echte Relevanz und emotionale Markenwerte könnten helfen, sich abzuheben.
Letztlich muss der Handel Geschwindigkeit und Innovation priorisieren. „Aus den Versäumnissen der Digitalisierung können wir lernen“, betonte ein Branchenanalyst. Differenzierung, schnelle Anpassung und ein klarer Fokus auf den Kundennutzen sind der Schlüssel, um auch in einer KI-geprägten Zukunft erfolgreich zu sein.