Gebäuderichtlinie erheblich entschärft: Wie Deutschland die Verpflichtung zur

12 months ago

Die neue EU-Gebäuderichtlinie stand als eines der bedeutendsten Projekte der EU-Kommission vor der Europawahl im Fokus. Hausbesitzer befürchteten eine umfassende Sanierungspflicht für ihre Immobilien. Doch nun wurde das Gesetz merklich entschärft, und Deutschland trug wesentlich dazu bei. Dennoch stehen deutsche Hausbesitzer vor erheblichen Herausforderungen.

Deutschlands Beitrag zur Abschwächung

Die Art und Weise, wie Deutschland die Abmilderung der EU-Gebäuderichtlinie erreichte, wurde in den Verhandlungsdokumenten der Mitgliedsstaaten offenbart, wie das “Handelsblatt” berichtet hat. Die spanische Ratspräsidentschaft spielte dabei eine entscheidende Rolle, indem sie das Vorhaben unterstützte, bis Ende 2023 einen endgültigen Kompromiss mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission zu erzielen.

Das Hauptziel dieses Kompromisses war es, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Ehrgeiz und Flexibilität für die Mitgliedstaaten herzustellen. Der entscheidende Punkt des erzielten Kompromisses besteht darin, dass nicht mehr wie ursprünglich geplant die am schlechtesten isolierten Gebäude in den einzelnen Mitgliedsländern zur Sanierung verpflichtet werden müssen. Stattdessen müssen diese Gebäude nun lediglich einen bestimmten Teil der Energieeinsparungen erzielen.

Entscheidungsfreiheit der Mitgliedsländer

Damit obliegt es nun den Mitgliedsländern selbst zu entscheiden, wie sie Energieeinsparungen erreichen möchten. Eine verpflichtende Sanierungspflicht für einzelne Hauseigentümer ist somit vom Tisch. Stattdessen sieht der Kompromiss vor, dass 55 Prozent der Einsparungen bei den energetisch am schlechtesten bewerteten Gebäuden erreicht werden müssen.

Die Definition dieser “schlechten Gebäude” hat sich im Vergleich zum ursprünglichen Plan ebenfalls verändert. Nun sieht der Kompromiss vor, dass jedes Mitgliedsland seinen Gebäudebestand in zwei Teile unterteilt. Die 43 Prozent der Gebäude mit dem höchsten Energieverbrauch werden als schlechte Gebäude klassifiziert, in denen Energieeinsparungen gemäß den Richtlinien durch Renovierungen erreicht werden sollen.

Ambitionierte Einsparziele bis 2035

Ein weiterer bedeutender Aspekt des Kompromisses sind die konkreten Einsparziele der EU bis zu den Jahren 2030 und 2035. Gemäß dem EU-Beschluss vom Donnerstagabend sollen die Mitgliedsländer bis 2030 16 Prozent und bis 2035 sogar 22 Prozent des Primärenergieverbrauchs im Vergleich zu 2020 einsparen.

Für Hausbesitzer gibt es eine positive Nachricht: Die Vorgaben beziehen sich auf den Primärenergieverbrauch und nicht auf den Endenergieverbrauch. Das bedeutet, dass Einsparungen nicht zwangsläufig durch die Sanierung von Gebäuden erreicht werden müssen. Alternativ könnten sie auch durch ein verbessertes Fernwärmesystem mit geringerem Energieverlust erzielt werden.

Deutschlands Widerstand gegen die Sanierungspflicht

Die ursprünglichen Pläne der EU konzentrierten sich deutlich auf die energetisch schlechtesten Gebäude, da dort das größte Einsparpotenzial vermutet wurde. Der Vorschlag sah vor, den Gebäudebestand in neun Effizienzklassen zu unterteilen, und für die beiden ineffizientesten Kategorien sollte eine Sanierungspflicht eingeführt werden. Dies stieß jedoch auf massiven Widerstand von EU-Mitgliedsländern, insbesondere von Deutschland.

Ein internes Papier der Bundesregierung vom 29. November, das vom “Handelsblatt” berichtet wurde, zeigt, dass Deutschland sich nicht nur für Mindesteffizienzstandards, sondern auch für “andere Maßnahmen und finanzielle Anreize” eingesetzt hat. Die Bundesregierung intervenierte auch bei öffentlichen Gebäuden und Gewerbeimmobilien, um sicherzustellen, dass der Ansatz der EU nicht zu unzumutbaren Herausforderungen führt.

Die Meinungen zur Entscheidung

Die Abschwächung der EU-Sanierungspflicht stößt auf unterschiedliche Meinungen. Befürworter einer Sanierungspflicht argumentieren, dass sie dringend benötigte Planungssicherheit für die Bau- und Handwerksbranche bieten würde. Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), betont, dass eine Sanierungspflicht die “verzweifelt ersehnte Planungssicherheit” gebracht hätte.

Henning Ellermann von der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) stimmt dem zu und betont die Notwendigkeit von Klarheit und Ambition aus Brüssel. Er mahnt an, dass die EU-Mitgliedsstaaten nun unverzüglich mit der konkreten Umsetzung der Anforderungen auf nationaler Ebene beginnen müssen.

Ein neuer Plan mit mehr Flexibilität

Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission zur neuen Gebäuderichtlinie (EPBD) ist nun endgültig vom Tisch. Die Branche hatte in den letzten Wochen lautstark protestiert, und diese Proteste zeigten Erfolg. Die verpflichtenden Sanierungen sind vorerst nicht mehr auf der Agenda.

Ursprünglich sah der Vorschlag der Kommission vor, dass jedes Mitgliedsland der EU seinen Gebäudebestand in Klassen unterteilt, und für die beiden untersten Klassen sollte eine Sanierungspflicht gelten. Für Deutschland hätte dies bedeutet, dass bis 2033 45 Prozent der bestehenden Wohngebäude saniert werden müssten, mit Kosten von bis zu 260 Milliarden Euro pro Jahr.

Wie die “Bild” berichtet, wird dieser ursprüngliche Plan nun endgültig aufgeweicht. Die Branche hatte sich lautstark gegen die Sanierungspflicht gewehrt. Axel Gedaschko, der Chef des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), hatte einen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesbauministerin Karla Geywitz geschrieben und betont, dass es keine rechtlich verbindliche, individuelle Verpflichtung zur Sanierung geben sollte.

Die Sparziele sollen nun heruntergeschraubt werden. Das Papier der spanischen Ratspräsidentschaft sieht vor, bis 2030 rund 15 bis 20 Prozent und bis 2035 bis zu 25 Prozent des Primärenergieverbrauchs einzusparen (im Vergleich zu 2020). Die genauen Vorgaben sollen noch vor den Europawahlen im kommenden Jahr festgelegt werden, und die Umsetzung wird in den Händen der 27 EU-Mitgliedsstaaten liegen.

Die Abschwächung der EU-Gebäuderichtlinie zeigt, wie politische Verhandlungen und der Einfluss einzelner Mitgliedsstaaten die Richtung von Gesetzesvorhaben beeinflussen können. Während einige die Entscheidung als notwendige Flexibilität und Vermeidung von zu hohen Belastungen für Hausbesitzer begrüßen, gibt es auch Kritik, die eine verbindliche Sanierungspflicht als dringend erforderlich ansieht, um die Bau- und Handwerksbranche zu unterstützen und die Energiesparziele zu erreichen. Die genaue Umsetzung und Auswirkungen dieser Entscheidung werden in den kommenden Jahren sorgfältig beobachtet werden müssen.

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