Führende Sozialdemokraten fordern Kurswechsel zur Außenpolitik auf
Eine Gruppe prominenter SPD-Politiker hat mit einem Manifest zur Außen- und Sicherheitspolitik für intensive Debatten innerhalb der Partei gesorgt. Zu den Unterzeichnern zählen unter anderem Rolf Mützenich, Ralf Stegner und Norbert Walter-Borjans. In dem Papier wird ein „Ende der Militarisierung“ gefordert sowie eine „schrittweise Rückkehr zu einer Zusammenarbeit mit Russland“.
In dem Grundsatztext wird kritisiert, dass sich in Deutschland und weiten Teilen Europas eine „militärische Konfrontationsstrategie“ durchgesetzt habe. Man wende sich gegen milliardenschwere Rüstungsausgaben und plädiere stattdessen für Koexistenz und Konflikteindämmung.
Rolf Mützenich erklärte: „Im Kern brauchen wir eine Kombination aus Verteidigungsfähigkeit und Anreizen zur Konflikteindämmung.“
Kritik an Verteidigungsausgaben und NATO-Zielen
Besonders heftig wenden sich die Autoren des Manifests gegen die geplante massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Das NATO-Ziel, bis zu fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aufzuwenden, wird als „sicherheitspolitisch unbegründet“ bezeichnet. „Militärische Alarmrhetorik schafft keine Sicherheit, sondern verstärkt Bedrohungswahrnehmungen“, heißt es in dem Text.
Die Zahlen, so die Verfasser, seien realitätsfern. Bei einem Verteidigungsanteil von 3,5 Prozent des BIP im Jahr 2024 hätte das bereits über 150 Milliarden Euro bedeutet – eine Summe, die Philipp Türmer, Vorsitzender der Jusos, als „Mondzahlen“ kritisierte.
Stegner: „Nicht Pazifist, nicht naiv“
Ralf Stegner verteidigte das Manifest in einem Interview und erklärte: „Ich bin weder Pazifist noch naiv. Es geht nicht um Unterwerfung, nicht um Appeasement.“ Ihm sei es wichtig, diplomatische Lösungen aufzuzeigen und eine Debatte über Alternativen zur militärischen Eskalation anzustoßen.
Er zeigte sich irritiert darüber, dass nur diejenigen kritisiert würden, die Diplomatie einfordern: „Das ist eine komische Verteilung. Wer nur über Waffen redet, bleibt oft unangefochten.“
Ablehnung aus der SPD-Fraktion
Nicht alle Parteikollegen teilen diese Sicht. Der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Adis Ahmetovic, distanzierte sich deutlich von dem Papier. Er nannte es ein „inhaltlich in weiten Teilen fragwürdiges Dokument“ und betonte, dass es nicht die Position der Fraktion oder Partei widerspiegele.
„Im Falle einer Einbringung auf dem Bundesparteitag würde es keine Mehrheit finden,“ so Ahmetovic. Zwar verstehe sich die SPD weiterhin als Friedenspartei, jedoch müsse man „die neuen sicherheitspolitischen Realitäten anerkennen“, was auch militärische Stärke einschließe.